Über eine Umbildung der Regierung von Premier Hazem Beblawi war in Kairo seit längerem spekuliert worden. Diese wäre in jedem Fall notwendig geworden, wenn Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi ins Rennen um die Präsidentschaft steigt und seinen Sessel als Armeechef räumen muss. Sisis Entscheidung wird für Anfang März erwartet.

Beblawi hatte stets von einer kleinen Rochade gesprochen; umso überraschender kam am Montag der Rücktritt des gesamten Kabinetts. Begründung gab es keine; der scheidende Premier erklärte lediglich, seine Regierung habe die erste Phase des politischen Fahrplanes abgeschlossen und große Fortschritte bei der Bildung einer demokratischen Gesellschaft gemacht. Gleichzeitig mahnte er, dass diese Aufgabe nicht die Regierung allein erfüllen könne, sondern die Teilnahme aller Bürger notwendig sei.

Beblawi, ein Ökonom, hatte die Regierung im Juli 2013 nach der Absetzung von Präsident Mohammed Morsi durch die Armee übernommen. In einer früheren Regierung nach der Revolution von 2011 hatte er das Finanzministerium innegehabt. Als möglicher Nachfolger Beblawis ist Wohnbauminister Ibrahim Mahlab im Gespräch. Der Ingenieur von der aufgelösten Nationaldemokratischen Partei Hosni Mubaraks gilt als Macher und hat vor allem den sozialen Wohnungsbau vorangetrieben und versucht, die Baubranche als wichtigen Wirtschaftsmotor des Landes wieder anzukurbeln.

In den vergangenen Wochen hatten soziale Spannungen der Regierung zu schaffen gemacht. Die Zahl der Streiks ist wieder angestiegen. Neben den Arbeitern der größten staatlichen Textilfabrik legten auch Ärzte und Angestellten der Kairoer Busbetriebe sowie Mitarbeiter der Post und der öffentlichen Notariate ihre Arbeit nieder. Sie verlangen die Auszahlung von Mindestlöhnen; andere fordern die Nachzahlung zurückgehaltener Prämien und bessere Arbeitsbedingungen.

Urteil gegen Muslimbrüder

Per Gerichtsurteil ist am Montag die islamistische Muslimbruderschaft zur Terrorvereinigung erklärt worden. Die Muslimbrüder werden für eine Reihe von Anschlägen verantwortlich gemacht, die nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammend Morsi verübt worden sind. Fast alle führenden Mitglieder der Organisation befinden sich schon länger in Haft.(Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 25.2.2014)