Neben Einfamilienhäusern und Egoshooter-Spielen entwerfen die Architekten auch schon mal Raumschiffe (Themenpark "Sensapolis" in Deutschland)...

Foto: Wideshot

Bild nicht mehr verfügbar.

...oder Hotelburgen für olympische Wintersportorte.

Foto: Pawl Golovkin/AP

Johannes Mücke und...

Foto: Wideshot

...Oliver Betram sind die Masterminds hinter Wideshot.

Foto: Wideshot

Wien/Sotschi - Neben all den futuristischen Ufos und Eierschalen, die Meister Putin für die Olympischen Winterspiele auf den ehemaligen Naturschutzgründen errichten ließ, fällt ein Bauwerk besonders auf: das Bogatyr Castle, ein Vier-Sterne-Hotel mit Spa und Konferenzzentrum, ragt kindisch und kitschig in den Himmel. Hinter dem zwölfstöckigen Fantasiebau, der inmitten des neuen Vergnügungsparks Sochi Park errichtet wurde und für den Wartburg, Neuschwanstein und Cinderella's Castle Disneyland als Vorlage herhalten mussten, steckt das Wiener Büro Wideshot.

Arbeit an Blockbuster

"Wir haben zwar damit gerechnet, dass man uns für dieses Projekt nicht über alle Maßen lieben wird", sagen Johannes Mücke (37) und Oliver Bertram (41), die das Büro 2010 gründeten. "So ein hartes Bashing wie dieses hätten wir uns aber nicht erwartet." Sotschi hin oder her: Das Entwerfen von Schlössern, Burgen und Raumschiffen gehört zum Basisrepertoire dieses Büros, das an der Schnittstelle von realer und virtueller Baukultur tätig ist. Denn "Oli und Mücke", wie die beiden Chefs bürointern genannt werden, sind nicht nur Architekt und Designer, sondern beschäftigen sich auch mit Videogaming und Filmausstattung. Das Egoshooter-Spiel Max Payne ist made by Wideshot. Und derzeit ist man in Verhandlung mit Roland Emmerich, Hollywood. Für den Blockbuster Singularity habe man Kostüme, Filmsets sowie die gesamte Kulissenarchitektur entworfen. 2015 soll der Film in die Kinos kommen. Die beiden warten auf das Go.

Der Beginn von Wideshot - der Begriff leitet sich von der monumentalen Panoramaeinstellung in Filmen ab, denn "uns geht es nicht nur ums Detail, sondern auch um den großen Kontext" - kam zufällig. Innerhalb weniger Tage musste ein unglücklich gestartetes Projekt für den Themenpark Sensapolis in Böblingen bei Stuttgart gerettet werden. Mücke, bislang Student an der Universität für angewandte Kunst in Wien, und Oli, Assistent beim US-Architekten Greg Lynn, sprangen in die Bresche und lieferten den Entwurf für ein 35 Meter langes Spaceshuttle aus CNC-gefrästem Kunststoff. Zwölf Wochen später wurde das Ding feierlich eröffnet. Den Kindern gefällt's.

Spiel mit Klischees

"Wir machen alles, vom rosaroten Märchenschloss bis zum Computerspiel", erklärt Oli. "Das heißt aber nicht, dass wir völlig meinungsbefreit sind." Vielmehr, fügt Mücke hinzu, liege die Befriedigung darin, die Vorstellungen der Auftraggeber nicht sofort zu verneinen, sondern genau mit diesen Klischees zu spielen. "Wir sind Dienstleister mit einer breit aufgestellten Expertise: Während unsere Filme und Videos einen gewissen architektonischen Ansatz haben, sind unsere Architekturentwürfe durchaus ,entertaining'."

Und sonst? Messebau für Lotus und Renault, VIP-Lounges für die Formel 1, eine Cocktailbar in Ulan Bator, eine 2000-Quadratmeter-Villa für einen mongolischen Millionär ... "alles Mögliche halt". Pro Jahr werden rund 60 bis 70 Projekte abgewickelt. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 22.2.2014)