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Insgesamt 76 Milliarden Euro haben die Geldhäuser schon auf besonders risikoreiche Kredite abgeschrieben. Zum Teil auf Druck der italienischen Notenbank.

Foto: Reuters/Rossi

Mailand  - Italiens Banken könnten unter der Last fauler Kredite viel tiefer in Schwierigkeiten geraten sein als bisher angenommen. Unter Hochdruck bringen die Geldhäuser derzeit ihre Bilanzen in Form, um heil durch den anstehenden Gesundheitscheck der europäischen Aufsichtsbehörden zu kommen.

Bei dieser Fitness-Kur könnten sich Experten zufolge Kapitallücken von insgesamt bis zu 20 Mrd. Euro auftun - fast drei Mal so viel wie zunächst erwartet. Denn bei den Aufräumarbeiten vor der Überprüfung durch die EZB kommt die ganze Misere der Problemkredite ans Licht, die die Institute aus Rücksicht auf ihre Ergebnisse bisher nicht richtig angegangen sind. Schließlich reißen Abschreibungen immer wieder tiefe Löcher in die Bilanz.

Doch die Institute haben inzwischen mit einer solchen Flut von Pleiten ihrer Kreditnehmer zu kämpfen, dass sie unter dem Druck des branchenweiten Stresstests um die Wahrheit nicht mehr herumkommen. Die Wirtschaftskrise hat in Italien allein Tausende Mittelständler in den Ruin getrieben, die ihre Darlehen nun nicht mehr bedienen können. Das Volumen der Kredite, deren Rückzahlung besonders ungewiss ist, stieg bis Dezember auf den Rekordwert von 156 Milliarden Euro. Das ist im Vergleich zu 2010 eine Verdoppelung. Obwohl die italienische Wirtschaft langsam wieder auf die Füße kommt, rechnet das Forschungsinstitut Prometeia damit, dass die faulen Kredite bis 2016 noch zunehmen werden.

Finanzinvestoren machen Druck

Bisher haben fünf von 15 italienischen Geldhäusern auf der Prüfliste der EZB angekündigt, ihre Polster mit insgesamt sieben Milliarden Euro aufzufüllen. Die Nachzügler müssen nun Tempo machen, wollen sie Kapitalzusagen noch vor den im Oktober erwarteten Ergebnissen des Bilanz-TÜVs in trockenen Tüchern haben. Andernfalls dürften sie sich in einer Reihe mit mehreren Interessenten sehen, die um die Gunst der Investoren buhlen müssen. Und dies könnte ein harter Kampf werden.

Schließlich machen auf Problemkredite spezialisierte Finanzinvestoren Druck: Die bisherigen Abschreibungen auf toxische Papiere seien zu gering, sagt etwa Andrea Perin, Chef der Abteilung für strukturierte Finanzprodukte bei Finanziaria Internazionale. Die Werte müssten noch um weitere 20 bis 25 Milliarden Dollar berichtigt werden. Nach einer ersten Abschreibungsrunde würden die Portfolios noch immer zu hoch angesetzt.

Insgesamt 76 Milliarden Euro haben die Geldhäuser bereits auf besonders risikoreiche Kredite abgeschrieben. Zum Teil handelten sie auf Druck der italienischen Notenbank, die den Instituten seit Ende 2012 mehr Eigenkapital als Sicherheitsnetz für ihre Altlasten vorschreibt. Von solchen Zwängen der Banken weitgehend frei sind die weniger regulierten Finanzinvestoren, die deshalb Interesse an den sonst so verschmähten Schrott-Papieren haben. Selbst wenn sie die günstig erworbenen Portfolios später nicht teurer weiterverkaufen können, bieten sich ihnen Alternativen: So können sie immer noch als Sicherheit hinterlegte Güter verwerten.

Genossenschaftsbanken besonders betroffen

Vor allem Genossenschaftsbanken steht nach Einschätzung des auf faule Kredite spezialisierten Finanzkonzerns Primus Partners das Wasser bis zum Hals. Entweder sie könnten ihre explosiven Portfolios noch verkaufen oder eine andere Lösung in Form einer gemeinsamen Bad Bank finden, sagt Vincenzo Macaione, Chef des Unternehmens. "Sonst können sie sich nicht retten."

Mit Unterstützung der britischen Barclays und der Deutschen Bank sondiert Primus Partners derzeit bei der Banco Popolare und der Veneto Banca die Lage. Im Juni dürften Geschäfte spruchreif sein. Weil die scheidende Regierung in Rom unter dem Spardruck keine öffentliche Bad Bank in Erwägung zieht, müssen die Institute selbst über die Runden kommen.

Großbanken wie Intesa Sanpaolo und die Bank Austria-Mutter UniCredit haben aus einer stärkeren Position heraus längst die Flucht nach vorn angetreten. Intesa gliedert Insider-Informationen zufolge einen Großteil der faulen Kredite in eine eigene Abwicklungseinheit aus. UniCredit verkaufte Darlehen im Volumen von insgesamt 1,6 Milliarden Euro an die Private-Equity-Gesellschaften AnaCap und Cerberus. Sowohl mit Intesa als auch mit UniCredit will laut Insidern auch KKR ins Geschäft kommen: Die US-Beteiligungsgesellschaft verhandelt über einen gemeinsamen Fonds, in den die Problemanleihen beider Banken ausgelagert werden sollen.

Frische Mittel gesucht

Kleinere Institute dürften es schwerer haben, ohne die Finanzmärkte ihre Kapitallücken zu füllen, sagt Problemkredit-Experte Riccardo Serrini. Nur vollständig wertberichtigte Anlagen hätten aber eine Chance, sagt der Chef der Finanztochter des Immobilienkonzerns Prelios. Ausländische Investoren wie Hedgefonds könnten nur mit massiven Wertberichtigungen gelockt werden.

Macaione vom Deutsche-Bank-Partner Primus rechnet damit, dass in den kommenden Monaten eine ganze Reihe italienischer Geldhäuser frische Mittel am Markt einzusammeln versucht. Bereits erwartet wird ein solcher Schritt von April an unter anderem von der skandalerschütterten Traditionsbank Monte dei Paschi di Siena und von der Banco Popolare. (APA,