Blumenmuster, bald waren also Blumenmuster dran. Nächstes Jahr beim inner circle, bei den Stylisten, den Mode-Bloggern und den umtriebigen, von Paris nach Mailand nach New York jettenden Leitern der Lifestyle-Ressorts. Übernächstes Jahr bei den Galeristen, den Schauspielern und den Werbefuzzis. Und wieder ein Jahr später darauf bogen sich die Garderobeständer der großen Textilkaufhäuser unter der Last von zigtausenden Blumensakkos.

Trau dich doch mal, sagte dann Bürokauffrau Silvia zu ihrem Mann Heimo, dem Sachbearbeiter bei der Baupolizei. Silvia würde Heimo aufmunternd in seine speckröllchenbewehrte Seite knuffen und zielsicher das bunteste Teil herausfischen. Du brauchst mal was Frisches, Schatz! Immer nur dieses graue Zeug...


Foto: Lukas Friesenbichler

"Konzentrier' dich", sagte der Fotograf zu Thomas (rechts). "An was denkst du schon wieder? Ich habe gesagt, du sollst ernst schauen. Ernst, direkt, männlich." Mit den Blumensakkos würde es sein, wie mit den hochglänzenden, knallfarbenen, quergesteppten Daunenjacken. Kein Mensch würde sie tragen, hatte man zuerst gedacht, bestenfalls alternde Lebensgefährten von schlecht gelifteten, welkbusigen C-Schauspielerinnen aus den 80er Jahren. Denkste. Heute waren die Hörsäle jedes Juridicums voll davon. Die Hochglanzknallfarbendaunenjacken waren für die Jus- und BWL-Leute das, was für ihre Antipoden von den Geisteswissenschaften die blassgrünen Parkas mit dem mittig sich schräg absenkenden Saum hinten unten waren. Ein textiles Muss. Die jeweilige Gesellschaftsgruppenuniform.

Komödie ist Tragödie plus Zeit, hatte Woody Allen mal gesagt. Die Mode der Massen, das war ein Gedanke von Miuccia Prada plus ein paar Jahre Zeit, oder einer von Hedi Slimane – wenn man Glück hatte. Wenn man Pech hatte, war Mode die Folgewirkung eines Gedankens von Philippe Plein.

"Thomas!" Der Fotograf – ein kugelrunder, glatzköpfiger, rastloser Australier, der ständig etwas eingeworfen hatte – klang langsam ernsthaft angefressen. Aber noch eine halbe Stunde, und es müsste überstanden sein. Dann schnell zurück in die Wohnung, die die Agentur für sie gebucht hatte, eine Runde Tischtennis spielen mit Sandro (links), zwei, drei Bierchen und ein bisschen mit Maja telefonieren. Morgen war er eh schon wieder bei ihr in Graz. Da war dann alles garantiert blumenmusterfrei. Noch. (Stefan Ender, derStandard.at, 23.2.2014)