Weniger Ballbesitz, weniger Pässe, schlechtere Quote. So präsentierte sich Red Bull Salzburg am Donnerstag bei Ajax Amsterdam. Klingt nicht gut, doch der Verzicht auf den Ball hatte System: In der Spitze pressten durchgehend vier Offensivkräfte in der vordersten Reihe. Zentral agierten dabei die beiden Stürmer Alan und Soriano. Linksaußen blieb Sadio Mané seiner Position treu, während Kevin Kampl als nomineller Rechtsaußen oft mittiger auftrat und bei Pässen auf Linksverteidiger Lerin Duarte Druck auf den Ballführenden entwickelte.

Dieses Vorgehen war akribisch geplant: Salzburg hatte Duarte, eigentlich ein offensiver Mittelfeldspieler, als Schwachstelle ausgemacht und versuchte des Öfteren das Amsterdamer Spiel in dessen Richtung zu leiten, um dann Ballverluste zu provozieren.

Das Salzburger Pressingspiel war so erfolgreich, dass sich das Match fast über die gesamte Spielzeit in der neutralen Zone oder im Ajax-Abwehrdrittel abspielte. Dort lauerte Salzburg auf Ballgewinne und forcierte je nach Situation das Angriffspressing.

Bei so einem offensiven Pressingspiel ist der Weg zum gegnerischen Tor bei Ballgewinnen natürlich nicht mehr weit. Nach erfolgreichem Pressing schaltete die Schmidt-Elf sofort um, mit schnellen Kombinationen ging es schnurstracks Richtung Tor. Auch deshalb benötigte Salzburg mit 384 Pässen weit weniger als Ajax mit 628.

Um in Schussposition zu gelangen, reichen den Bullen wenige schnelle Kombinationen oder die öffnenden Dribblings, sechs erfolgreiche an der Zahl, des überragenden Mané. Salzburg wollte, überspitzt formuliert, den Ball gar nicht haben. 38 Prozent Ballbesitz sprechen Bände. Verteidiger Andre Ramalho oder Torwart Peter Gulacsi (25 Pässe, davon 22 lang, angekommen nur 8) schlugen den Ball oft ohne Umschweife in die gegnerische Hälfte.

Die Schmidt-Elf entsagte so dem Spielaufbau aus der eigenen Hälfte heraus, überbrückte das eigene Mittelfeld und produzierte damit schnell wieder die gewünschten Pressingsituationen. In der Offensive lauerten Kampl und Co. auf die zweiten Bälle oder auf Fehler der Ajax-Defensive.

Ajax fand über die gesamte Spielzeit kein Mittel gegen diese Pressingfalle. Salzburg verstellte auch in den ruhigeren Phasen geschickt die Passwege und isolierte so die Amsterdamer Viererkette von den restlichen Mannschaftsteilen. Versuchte Ajax seine Offensivleute mit langen Bällen ins Spiel zu bringen, bereinigte die aufmerksame Salzburger Defensive die Situation spätestens beim zweiten Ball. Nur mit zwei, vielleicht drei erfolgreichen Verlagerungen des Spiels gelang es Ajax, die Salzburger etwas zu öffnen. Die Niederländer vermochten dieses Mittel aber kaum einzusetzen.

Doch Vorsicht: das Salzburger Pressingspiel ist nicht ohne Risiko, die hohe Positionierung lässt potenziell gefährliche Räume frei. Gegen Ajax gelang es, dieses Risiko auf ein Minimum zu reduzieren, weil die gesamte Mannschaft sehr diszipliniert und konzentriert zu Werke ging.

Die beiden zentralen Mittelfeldspieler Christoph Leitgeb und Stefan Ilsanker, wobei letzterer etwas stärker absicherte, rückten geschickt auf und setzen nach, wenn die erste Angriffswelle ins Leere brandete oder die Salzburger selbst den Ball verloren.

Die hoch stehende Viererkette hielt den Abstand zu den Vorderleuten kurz, zudem unterstützten die Außenverteidiger Christian Schwegler und Andreas Ulmer ihre Kollegen Kampl und Mané und schufen so 2-gegen-1-Situationen gegen die Ajax-Außenverteidiger auf der Außenseite. Fazit: Das Werkl läuft wie gschmiert. (Jörn Wenge, Philip Bauer, derStandard.at, 21.2.2014)