Salzburg - Sie sind zwar nur zwischen 100 und 150 Personen, bestimmen aber den Wahlkampf vor den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen in der Landeshauptstadt Salzburg am 9. März fast so wie die drängenden kommunalpolitischen Probleme Wohnungsnot und Verkehrsmisere: Bettler und Armutsmigranten aus EU-Staaten. Während sich die Stadt-Grünen und die Neos für eine Grundversorgung der Bettler aussprechen und sich die SPÖ so weit wie möglich aus dem Thema heraushält, setzt vor allem die ÖVP in ihrer Wahlkampagne voll auf das Thema und bezeichnet Salzburg als "Stadt der organisierten Bettlerbanden".

Dass niemand etwas von Bettlerbanden weiß, der mit dem Thema befasst ist, ficht die Partei von Vizebürgermeister Harald Preuner freilich nicht an. Die in Salzburg festgestellten Organisationsformen seien eher "familiärer oder nachbarschaftlicher Art", hat der Sozialwissenschafter Heinz Schoibl in einer Untersuchung über die Bettelmigranten in Salzburg festgestellt. 80 Prozent dieser Armutsmigranten stammten aus Rumänien, sagt Schoibl.

Er hat die Studie im Auftrag des "Runder Tisch Menschenrechte" erstellt, an dem Vertreter der Stadt wie auch Menschenrechtsaktivisten teilnehmen. Mit deutlichen Worten wendet sich Caritas-Direktor Johannes Dines gegen die ÖVP-Kampagne: "Das ist einer Partei, die sich auf christlich-soziale Wurzeln beruft, nicht würdig", schreibt Dines in einem in der Gratiszeitung "Salzburger Fenster" abgedruckten Leserbrief.

Basale Versorgung

Die Caritas, die Diakonie, das Stift St. Peter und der Roma-Verein Phurdo haben inzwischen eine "Plattform für obdachlose Armutsmigranten aus EU-Staaten" ins Leben gerufen. Auch kleinere christliche Glaubensgemeinschaften oder die buddhistische Repräsentationsstelle in Salzburg sind in der Plattform aktiv. Unterstützung erhält die Plattform durch Erzbischof Franz Lackner, ORF-Moderator Sepp Forcher und Uni-Rektor Heinrich Schmidinger. Mit der ehemaligen Landesrätin Doraja Eberle ist auch eine prominente ÖVP-Politikerin dabei.

Derzeit betreibt die Caritas im Salzburger Stadtteil Mülln ein Winternotquartier für obdachlose Bettelmigranten. 15 Betten für Frauen, zehn Betten für Männer stehen zur Verfügung. Darüber hinaus bietet die Einrichtung basale Versorgung wie eine warme Mahlzeit und die Möglichkeit zur Körperhygiene. "Unsere Vision ist es, diesen Menschen dauerhaft eine Grundversorgung in der Stadt Salzburg zu sichern", sagt Caritas-Direktor Dines.

Neben dem Aufbau und Betrieb eines dauerhaften Notschlafquartiers mit Tagesaufenthaltsräumen will die Plattform auch Anwalt der Armutsmigranten sein, um diesen "eine würdevolle Aufnahme in der Stadt" zu ermöglichen. Mit der Online-Petition "Armut hat Platz" will die neu gegründete Plattform ein Zeichen der Solidarität mit den Ärmsten setzen.

Laut Umfragen dürfte sich der "Law and Order"-Wahlkampf für die Stadt-ÖVP übrigens nicht auszahlen. In einer aktuell von der Gratiszeitung Stadtblatt publizierten Erhebung rutscht die ÖVP in der Sonntagsfrage von 27,8 Prozent (2009) auf rund 20 Prozent ab. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 21.2.2014)