Die Dermatologen-App Goderma sorgt für Kritik.

Foto: Goderma

Es klingt utopisch. Wenn beispielsweise auf der Haut ein Ausschlag auftritt: Ein Handy-Foto machen und einem Hautarzt zur Begutachtung schicken. Der Dermatologe meldet sich dann mit einer Diagnose und einem Therapievorschlag. Technisch ist diese Form der Telemedizin kein Problem mehr. In Deutschland kann man jetzt einen solchen Service kaufen.

Goderma

In Berlin glauben die Firmengründer Simon Bolz und Simon Lorenz fest an ihre Idee eines Internetportals für Hautkrankheiten. Sie haben es "Goderma" genannt. Wie so oft stammt die Idee nicht von Ärzten. Einer der Gründer ist Sozialwissenschafter mit PR-Erfahrung, der zweite ein "Gesundheitsmanager". Mit dem Dermatologen Johannes Ring von der Technischen Universität München haben sie aber einen renommierten Facharzt mit ins Boot geholt - und eine eigene Software für den Datentransfer entwickelt.

Die Liste ihrer Argumente für den neuen Service ist lang: keine lange Wartezeiten für einen Routine-Termin beim Hautarzt - und eine Art Filterfunktion. "Wer Fußpilz hat, muss nicht zum Hautarzt", sagte Bolz. Bei einer Gürtelrose aber sollte er dringend hingehen. Die beiden Gründer betonen, dass ihr Service keine Behandlung sei und auch keinen Besuch beim Facharzt ersetze. Es sei ein Angebot für Ratsuchende, die erste Orientierung wollten - und bereit seien, dafür zu zahlen. Bolz und Lorenz sprechen von Handlungsempfehlungen.

Ärztekammer skeptisch

Die Berliner Ärztekammer überzeugt die Idee nicht. "Berufsrechtlich ist das nicht zulässig, weil es ein Fernbehandlungsverbot für Ärzte gibt", meinte der Sprecher der Vereinigung, Sascha Rudat. Er zweifelt an der Qualität der eingeschickten Fotos und an der Datensicherheit. Er fragt sich auch, ob es wirklich eine Hilfe für Patienten ist - oder mehr ein Geschäft. "Wenn der Rat lautet: Suchen Sie einen Hautarzt auf - was bringt das dann?", fragte er. Die Kammer will nun prüfen, welche Berliner Ärzte mit dem Startup zusammenarbeiten. "Wir werden ihnen auf die Finger klopfen", ergänzte Rudat.

Beim Berufsverband der Deutschen Dermatologen ist Präsident Klaus Strömer ebenfalls skeptisch. "Das ist ein mutiges Vorhaben, aber medizinisches und juristisches Neuland", sagte er. Das Internet sei vielfach ein Graubereich, die berufsrechtliche Frage oft ungeklärt. Das Berliner Unternehmen werde in der Fachgesellschaft deshalb bisher eher kritisch gesehen. Die Ärzte, die bisher mitmachten, seien aber seriöse Kollegen. Doch sie müssten sich dem Berufsverband noch erklären - und seien "rechtlich hoffentlich gut beraten".

Strömer selbst hält nicht viel von Diagnosen nur per Foto. "Ich kann einen Patienten nicht nach der Vorgeschichte fragen", sagt er. Bereits der Verdacht auf eine bösartige Hauterkrankung habe emotionalen Charakter. Damit würde er Patienten ungern allein lassen.

"Nicht anzufechten"

Viel offener reagiert die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin. "Wir sehen viele Gesundheits-Apps kritisch, weil keine medizinische Expertise dahintersteht", sagte Sprecher Wolfgang Loos. "Aber solange Ärzte involviert sind, ist das nicht anzufechten". E-Health Strategien seien in Skandinavien, Frankreich und den USA längst Normalität.

Deutsche Kliniken nutzen Telemedizin zum Beispiel, um Herzkranke und Diabetiker in großen Programmen besser zu überwachen - durch automatisch gefunkte Vitalwerte. Eine Frage erhebt sich natürlich: Muss Telemedizin außerhalb der Krankenhäuser immer eine Sache von Privatfirmen und Zuzahlungen sein? (APA, 19.2.2014)