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Der umstrittene Voest-Chef auf dem Rückzug

Foto: Reuters/Rubra
Wien/Linz - Der wegen seiner Aktienaffäre angeschlagene Voest-Vorstandschef Franz Struzl beugt sich nun doch dem öffentlichen Druck. Aus "Einsicht in seinen Fehler" und "aus Rücksicht auf den Kapitalmarkt" sei Struzl bereit, den Chefsessel in der Voestalpine zu räumen und an seinen designierten Nachfolger Wolfgang Eder zu übergeben, erfuhr DER STANDARD aus Voest-Aufsichtsratskreisen.

Als mögliche Termine für den Ausstieg werden das Jahresende 2003, spätestens aber Mitte 2004 genannt, - wenn Eder die operativen Vorbereitungen für seinen Wechsel in den Vorstandsvorsitz abgeschlossen habe, wie es heißt.

Konkret werden durch einen Abgang Struzls zentrale Kompetenzen wie Konzernleitung, -entwicklung und -strategie, Personalmanagement und Kommunikation auf den 51-jährigen Eder, den "Ziehsohn" des verstorbenen Voest-Chefs Peter Strahammer, übergehen.

Keine Stellungnahme

Von Struzl war zu einem möglichen Rücktritt ebenso wenig eine Stellungnahme zu erhalten wie in der Voest. Dort wollte man die kolportierten Rücktrittsabsichten weder bestätigen noch dementieren.

Damit scheint klar, dass der 61-jährige Struzl, dem der Voest-Aufsichtsrat vor einer Woche noch einstimmig das Vertrauen ausgesprochen hat, in der nächsten Aufsichtsratssitzung am 20. September nicht nochmals die Vertrauensfrage stellen, sondern seinen Wunsch nach vorzeitiger Beendigung seines bis 2006 laufenden Vertrags bekannt geben wird. Diesem Begehren wird wohl stattgegeben werden. Einzelne Aufsichtsratsmitglieder sagen, Struzl hatte diesen Schritt bereits für die außerordentliche Sitzung am 8. August vorbereitet, andere Voest-Kontrollore, unter anderem Voest-Präsident Rudolf Streicher und die Arbeitnehmervertreter, hätten die Verquickung der Causa Struzl mit der "Hofübergabe" an Eder aber abgelehnt.

Streicher nicht informiert

Streicher wollte von Struzls Plänen offiziell überhaupt nicht informiert sein. "Das stimmt ganz bestimmt nicht", sagte er auf STANDARD-Anfrage. Ob der Aufsichtsrat den Rücktritt annehmen werde? "Dazu sage ich nichts." Dass Struzl seinen Präsidenten von seinem einsamen Entschluss nicht informiert habe, glauben Insider jedoch nicht.

Im Gegenteil, Streicher werde sich die informelle Zustimmung zu Eders Aufstieg schon vor der nächsten Sitzung über Umlaufbeschluss geben lassen. Denn mit Eder sei die von Struzl stets geforderte Kontinuität für sein "Lebenswerk" garantiert: Die Einheit des Konzerns, um das wertorientierte Wachstum der vier Divisionen (Stahl, Bahnsysteme, Automotive und Profilform) fortsetzen und die bestehenden Synergien weiter nutzen zu können. (Luise Ungerboeck, Der Standard, Printausgabe, 16.08.2003)