Washington - Die gestiegene Nachfrage wichtiger US-Handelspartner wie China und Westeuropa sowie der schwächere Dollar haben die Exporte der USA im Juni auf den höchsten Stand seit zwei Jahren getrieben.

Handelsdefizit überraschend verringert

Damit verringerte sich das Außenhandelsdefizits der weltgrößten Volkswirtschaft überraschend. Volkswirten zufolge deuten diese am Donnerstag vorgelegten Daten darauf hin, dass das US-Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal womöglich etwas höher ausgefallen ist als vorläufig berechnet. Unterdessen dämpfte ein leichter Anstieg der Erzeugerpreise im Juli Befürchtungen, der konjunkturellen Erholung könnten Gefahren durch sinkende Preise drohen. An den Finanzmärkten lösten die Wirtschaftsdaten zunächst keine merklichen Reaktionen aus.

Das Defizit im Handel mit Waren und Dienstleistungen habe im Juni auf 39,5 (Mai revidiert 41,5) Mrd. Dollar (35,0 Mrd. Euro) abgenommen, teilte das Handelsministerium in Washington mit. Analysten hatten mit einem höheren Defizit von 41,6 Mrd. Dollar gerechnet. Die Exporte stiegen um 2,4 Prozent auf 84,6 Mrd. Dollar, den höchsten Wert seit Juni 2001. Der Anstieg zum Vormonat war sogar der stärkste seit drei Jahren. Vor allem die Ausfuhren von Zivilflugzeugen und Computer-Zubehör stiegen deutlich. Der Wert der Importe blieb dagegen unverändert mit 124,2 Mrd. Dollar.

Bessere Außenhandelszahlen

"Die Außenhandelszahlen fielen etwas besser aus als die ursprüngliche Schätzung, die die Regierung in ihrem Bericht zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal vorgelegt hat", sagte Gary Thayer, Volkswirt bei A.G. Edwards & Sons. "Das legt nahe, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal nach oben revidiert werden könnte." Das Bruttoinlandsprodukt in den USA war im Zeitraum von April bis Juni um - auf das Jahr hochgerechnet - 2,4 Prozent und damit überraschend stark gestiegen.

Nach Thayers Worten passt das gesunkene Handelsdefizit zu den jüngsten Kursverlusten des Dollar, die US-Produkte auf ausländischen Märkten günstiger macht und damit deren Absatzchancen erhöht. Es sei aber noch "zu früh, um sagen zu können, ob der schwächere Dollar deutliche Auswirkungen auf den Handel hat."

Kräftige Exportzuwächse

Kräftige Exportzuwächse erzielten die US-Firmen in Westeuropa (plus 2,7 Prozent), Brasilien (plus 6,3 Prozent) und China (plus 5,4 Prozent). Der Fehlbetrag der Vereinigten Staaten im Handel mit der Volksrepublik, der rund ein Viertel des gesamten US-Handelsdefizits ausmacht, weitete sich im Juni leicht auf 9,99 (9,86) Mrd. Dollar aus.

US-Unternehmen werfen China vor, sich durch die Bindung der Landeswährung Yuan an den Dollar einen unfairen Handelsvorteil zu verschaffen. Durch diese Bindung werde der Yuan um bis zu 40 Prozent unterbewertet, was chinesische Exporte günstiger mache als zahlreiche Konkurrenzprodukte aus dem Ausland, argumentieren US-Exporteure. US-Finanzminister John Snow hat angekündigt, bei seinem Besuch in Peking im kommenden Monat die Sorgen der US-Exporteure anzusprechen. Es wird allerdings damit gerechnet, dass sich der Druck der US-Regierung auf China in Grenzen halten wird, da Washington den starken Wirtschaftsaufschwung in der Volksrepublik nicht gefährden möchte.

Deflationssorgen gemildert

Unterdessen milderten neue Preisdaten Deflationssorgen in den USA. Die Erzeugerpreise stiegen im vergangenen Monat wie von Analysten erwartet um 0,1 Prozent zum Vormonat. "Die Fed wird sich nach diesem Bericht keine Sorgen über eine Deflation machen", sagte Volkswirt Kurt Karl von Swiss Re. Die Zahlen deuteten vielmehr darauf hin, dass eine weitere Zinssenkung der US-Notenbank (Fed) nicht erforderlich sei, ergänzte John Lonski von Moody's Investors Service. Die Fed hatte zuletzt signalisiert, die Zinsen "für eine beträchtliche Zeit" niedrig zu halten, um die allmähliche wirtschaftliche Belebung zu stützen.

Die Währungshüter hatten zugleich allerdings wiederholt vor einem unerwünschten Inflationsrückgang gewarnt. Eine stark gebremste Teuerung kann dazu führen, dass die Verbraucher in Erwartung günstigerer Preise ihre Anschaffungen aufschieben, was den Konsum und damit letztlich auch das Wirtschaftswachstum drosselt. Am Ende einer solchen Entwicklung könnte eine konjunkturschädliche Deflation stehen, also eine Abwärtsspirale aus nachhaltig sinkenden Preisen, rückläufiger Nachfrage und schrumpfender Wirtschaftsleistung. (APA/Reuters)