Bürgermeister aus 30 EU-Metropolen haben am Montag in Brüssel ihre Forderung nach einem breit aufgestellten geförderten Wohnbau ohne die von der Europäischen Kommission verlangten niedrigen Einkommensgrenzen unterstrichen. Konkret heißt es in einer von den Stadtchefs unterzeichneten Resolution, die an Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem österreichischen EU-Regionalkommissar Johannes Hahn übergeben wurde, dass eine "Einengung auf ausschließlich einkommensschwache Gruppen abgelehnt wird, da sie zu sozialer Segregation führen würde".

Von Amsterdam bis Zagreb

Neben dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der auch Initiator der Aktion ist, hat aus Österreich auch sein Grazer Amtskollege Siegfried Nagl (ÖVP) unterschrieben, außerdem etwa auch die Stadtoberhäupter von Amsterdam, Berlin, Bratislava, Bukarest, Dublin, Kopenhagen, Ljubljana, Lissabon, Paris, Rom, Warschau und Zagreb. Sie fordern die Europäische Kommission damit auf, "die Definition des sozialen Wohnbaus sowie die Entscheidung über die Form der Bereitstellung den Mitgliedstaaten und ihren Gebietskörperschaften zu überlassen". Für die Mitgliedstaaten sei es unabdingbar, die Kriterien für den sozialen Wohnbau im Sinne des Subsidiaritätsprinzips selbst festlegen zu können. Nur so könne auf regionale Bedingungen und Entwicklungen reagiert werden, darauf machte Häupl, assistiert von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), am Montag in einer Presseerklärung gemeinsam mit Amtskollegen aufmerksam.

Das Treffen der Stadtchefs wurde unmittelbar vor der Konferenz "Cities of Tomorrow" der Europäischen Kommission organisiert, bei der zwei Tage lang grundsätzlich über die Frage der künftigen EU-Städtepolitik diskutiert werden soll. "Das Thema des sozialen Wohnbaus spielt dabei eine zentrale Rolle", so Häupl. "Immerhin ermöglicht er uns eine geordnete Stadtentwicklung und vermeidet so Spekulation und ermöglicht soziale Durchmischung. Damit ist er eine wichtige Grundlage der Lebensqualität der Wienerinnen und Wiener."

Weniger Anspruchsberechtigte

Der soziale Wohnbau werde im EU-Beihilfenrecht auf eine klar definierte Zielgruppe von benachteiligten Bürgern und sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen eingeschränkt. Diese Rechtsgrundlage hat in den letzten Jahren zu Klagen gegen die Wohnbauförderungssysteme einiger Mitgliedstaaten geführt, etwa in Schweden, den Niederlanden und Frankreich (derStandard.at berichtete). In den Niederlanden führte dies etwa dazu, dass nach einer erzwungenen Senkung der Einkommensgrenzen 650.000 Haushalte den Anspruch auf sozialen Wohnraum verloren und nun auf den privaten Wohnungsmarkt angewiesen sind. Frankreich hatte bereits zwei Klagen zu verzeichnen, die sich ebenfalls gegen die Einkommensgrenzen richteten.

Häupl übte scharfe Kritik an EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Eine Deckelung der Einkommensgrenzen für die Mieter von sozialem Wohnbau sei ein Verstoß gegen das Subsidiaritäts-Prinzip. Außerdem würde dies dazu führen, dass sehr viele junge Menschen kaum mehr sozial geförderte Wohnungen erhalten. "Das wollen wir nicht. Wir wollen das gerade für junge Familien. Wir wollen eine soziale Durchmischung, wir wollen keine Ghettos", so Häupl.

EU-Regionalkommissar Johannes Hahn betonte, es gehe um eine neue EU-Agenda für die Städte von morgen. Städte seien zu wichtig, um wie eine Nebensache behandelt zu werden. Schließlich lebten die meisten Europäer in Städten und diese "müssen wir zu lebenswerteren Orten machen und ihnen Gehör verschaffen". (red/APA, derStandard.at, 17.2.2014)