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US-Außen- minister John Kerry und sein chinesisches Gegenüber Wang Yi. Washington und Peking wollen in Zukunft gemeinsame Front gegen nord- koreanische Provokationen machen.

Foto: REUTERS/Diego Azubel/Pool

US-Außenminister John Kerry hat von Pekings Führung die bisher weitestgehenden Zusagen gegen ein ständig neu provozierendes Nordkorea erhalten. Die chinesische Regierung erklärte, sie wolle in Zukunft nicht mehr untätig zusehen, wenn Pjöngjang sich zu einem atomar aufrüstenden und bedrohlichen Regime entwickle.

Peking habe das mit Zusicherungen formuliert, "die nicht expliziter und klarer" hätten ausfallen können, sagte Kerry Freitagabend auf seiner Pressekonferenz in der chinesischen Hauptstadt. Chinas Führer hätten ihm versichert, dass sie eine nordkoreanische Gemengelage der Instabilität und der "wachsenden atomaren Bedrohung" "auf Dauer nicht erlauben" werden. Sie seien auch "vorbereitet, zusätzliche Schritte zu gehen". Kerry nannte keine konkret besprochenen Maßnahmen. Er wolle zuerst Präsident Barack Obama informieren.

Neue Signale aus Peking

Peking verbreitete seine neue Haltung auch über die chinesische Nachrichtenagentur Zhong Xinshe. Sie ist offenbar als Warnschuss gegenüber den Machthabern gedacht, wieder die Sechsparteiengespräche über eine atomare Abrüstung zu beleben und zu ihnen zurückzukehren. Die Gespräche müssten aber anders als früher "unumkehrbar, nachhaltig und ergebnisorientiert" sein.

Der US-Außenminister hatte Peking nach Seoul als zweite Station seiner Vier-Länder-Asienreise besucht, die ihn auch nach Indonesien und Abu Dhabi führt. Er hatte am Donnerstag in Südkorea gesagt, dass die "USA Nordkorea als Atommacht nicht akzeptieren werden". Ein Ziel seiner Reise sei, auf China einzuwirken. Das Land spiele eine "einzigartige Rolle" bei den Bemühungen, Pjöngjang zu Verhandlungen zu bringen.

Kerry wurde von Chinas Staatspräsident Xi Jinping und weiteren hochrangigen Pekinger Regierungspolitikern empfangen. Die beiden Länder sprachen dabei auch "konstruktiv" über andere kritische Themen - von Menschenrechten bis zu Chinas Territorialstreit mit Japan im Ostchinesischen Meer und mit Anrainerstaaten im Südchinesischen Meer.

Selbstverständlich war das nicht. Noch während Kerrys Ankunft hatte die Nachrichtenagentur Xinhua einen mit Vorwürfen gespickten Kommentar veröffentlicht. Sie verlangte von den USA, von Washington errichtete Barrikaden wegzuräumen, bevor Kerry mit China über den Abbau von Spannungen sprechen wolle.

Nun sagte Kerry, der sich in Peking mit seinem Balanceakt zufrieden zeigte, er habe mit Chinas Führung über alle Fragen "direkt und offen" sprechen können. Neue Gemeinsamkeiten fanden sich in der Klimapolitik, wo die beiden größten CO2-Sünder der Welt, die 40 Prozent aller Emissionen verursachen, über ihren Schatten springen wollen, um zu einem wirklichen Durchbruch für die Pariser Klimakonferenz im Dezember 2015 zu kommen. Kerry sagte über die Gespräche: "Der Tonfall war exzellent."

Besorgt bleiben die USA trotzdem über Chinas Territorialstreitigkeiten mit seinen Nachbarn. Von Chinas Führern erfuhr Kerry nun immerhin, dass Peking mit andern asiatischen Staaten über einen Verhaltenskodex im Südchinesischen Meer reden will. Kerry sagte, er habe nicht nur China, sondern alle Betroffenen zur Zurückhaltung aufgefordert.

Die USA stellen angesichts des Streits zwischen China und seinen Nachbarn ihre Asienpolitik neu ein. Auf die Reise von Kerry, der um US-Bündnispartner Japan diesmal einen Bogen macht, folgt eine Vier-Länder-Asientour von Präsident Obama am 22. April, bei der er China auslässt. "Washington schaut auf das Gesamtbild von zwei Seiten. Wir können nicht davon ausgehen, dass die USA Japan aufgeben", zitierte China Daily den Vizepräsidenten des Chinesischen Instituts für Internationale Beziehungen Ruan Zongze.

Wieder Tote in Xinjiang

Als Beispiel für Differenzen nannte Kerry aber auch Sorgen über Chinas Umgang mit der Freiheit der Information, die jüngste Verfolgung friedlicher Reformaktivisten, Minderheitenprobleme bei Tibetern und Uiguren.

Als ob Peking das anschaulich machen wollte: Xinjiangs Regierungswebseite Tianshanwang meldete Freitag einen neuen Zusammenstoß in der Unruheprovinz Xinjiang in Nordwestchina mit elf Toten. China bezeichnet die Gewaltexplosionen nachträglich immer als geplante Akte des Terrorismus, erlaubt aber keine unabhängigen Untersuchungen. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 15.2.2014)