Bild nicht mehr verfügbar.

Korporierte bei ihrem traditionellen Totengedenken, zu dem sie bis 2012 jahrelang am Heldenplatz am 8. Mai aufmarschierten.

Foto: dapd/zak

Wien - Gemessen an der Gesamtbevölkerung Österreichs sind 4000 Männer, die gerne mit Säbeln, die sie "Schläger" nennen, kämpfen, gemeinsam deutsche Lieder singen und vor allem Seilschaften knüpfen, die lebenslang halten, eine verhältnismäßig kleine Gruppe.

4000 deutschnationale (oder auch völkische) Verbindungsstudenten (Korporierte) gibt es nach Schätzungen von Experten in Österreich - inklusive den jüngsten unter ihnen, also den Mitgliedern der Mittelschülerverbindungen oder der Pennalen Burschenschaften sowie den ältesten, den Alten Herren, die vor allem mit ihrem Geld und einflussreichen Positionen im Staat die Jüngeren, Aktiven unterstützen.

Offizielle Mitgliederzahlen gibt es keine, den die Verbindungen sind nach wie vor fast wie Geheimbünde organisiert, lassen wenig über sich nach außen dringen. Schnüffler sind nicht willkommen. Doch die Zahl 4000 wird zumindest auch von den Burschenschaften selbst nicht dementiert.

Über die Anzahl der Verbindungen selbst bzw. ihrer Buden, wie die Vereinslokale und Verbindungshäuser der Burschenschaften bezeichnet werden, gibt es zumindest ab und zu eine offizielle Publikation. "Studiosus Austriacus" heißt das Handbuch des österreichischen Korporationswesens von Peter Krause, in dem auch nichtschlagenden katholischen Verbindungen aufgelistet sind. Die aktuellste Auflage ist aus dem Jahr 2007. Davor wurde das Kompendium 1965, 1969 und 1982 gedruckt.

Die lange Pause wird im "neuen" Handbuch damit erklärt, dass die Daten der letzten Ausgabe noch nicht elektronisch erfasst waren und "händisch gepflegt" wurden. Bei nichtschlagenden Verbindungen stieg in dieser Druckpause die Zahl der Verbindungen mit weiblichen Mitgliedern von sechs auf 49.

Laut Krauses Datensammlung war der Stand von Verbindungen einschließlich Cartellverband 2007 bei 1220, davon 325 pennale und 203 akademische an 135 Orten in Österreich und Südtirol.

Die deutschnationalen Burschenschaften unter ihnen, die Kritiker zum Protest auf der Straße motivieren, sind allerdings nur rund 200. Bernhard Weidinger, Politologe und Experte für Akademische Burschenschaften und ihren Einfluss auf die österreichische Politik nach 1945, geht davon aus, dass "kaum mehr als 100 völkische Verbindungen über aktive, also aktuell eine Mittel- oder Hochschule besuchende Mitglieder verfügen. Dazu kommen einige Dutzend weitere, deren Alte Herren sich einmal jährlich zum Stiftungsfest treffen". Das Geld der Burschenschaften kommt von den Alten Herren, die nicht selten auch die Häuser vererbten, in den Verbindungen ihre Buden haben.

Sänger, Turner, Landsmänner

Zu den "völkischen" Verbindungen gehören auch manche der Sängerschaften und Landsmannschaften sowie Corps und Turnvereine und sogenannte Vereine deutscher Studenten. Nicht jede dieser Verbindungen hat ein eigenes Haus, doch in Wien, Graz, Leoben, Salzburg, Linz und Innsbruck dürften jedenfalls über 40 Verbindungshäuser stehen.

Aufgrund der akademischen Ausbildung und gut funktionierender Seilschaften ist es für Verbindungsbrüder leichter, einflussreiche Positionen zu besetzen.

Beispiele gab es dafür immer wieder: Reinhard Kamitz, in den 1950ern parteiloser Finanzminister in der Regierung Julius Raab, war beim Verein deutscher Studenten aus Böhmen Asciburgia zu Wien. Der spätere ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein war Mitglied einer national-freiheitlichen, allerdings nicht schlagenden Studentenverbindung.

Auch die SPÖ hatte ihre Burschenschafter: Eduard Speck, der Sozialdemokrat, der von 1945 bis 1960 Bürgermeister von Graz war, war Mitglied der Burschenschaft Arminia Wien. In derselben Burschenschaft war der steirische SPÖ-Politiker Alfred Schachner-Blazizek, Vater des späteren steirischen SPÖ-Chefs Peter Schachner-Blazizek. Wiens Bürgermeister Michael Häupl war bei der schlagenden Schülerverbindung Jungmannschaft Rugia zu Krems, allerdings nur als Mittelschüler.

In der FPÖ sind Korporierte so gut vertreten wie noch nie. Mit der Parteispaltung und Gründung des Liberalen Forums 1993 und der neuerlichen Spaltung durch die Gründung von Jörg Haiders BZÖ 2005, hat sich die Dichte der Schlagenden bei den Blauen erhöht: 17 FPÖ-Nationalratsabgeordnete sind Korporierte. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 15.2.2014)