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Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft wird mit Bienensterben in Verbindung gebracht. 2013 hat Brüssel sogenannte Neonicotinoide EU-weit verboten. In Österreich gilt ein dreijähriges Moratorium.

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Jachmann: Nimmt man einem Bauern den Traktor, kann er mit dem Pferd pflügen. Sinnvoll ist das nicht.

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Standard: Haben Sie etwas gegen Bienen?

Jachmann: Nein. Wir freuen uns, dass es Bienen gibt. Ohne sie ginge in der Landwirtschaft nichts.

Standard:  2008 hat es am Rheingraben in Deutschland einen Unfall mit Maissaatgut gegeben, bei dem dann Bienen gestorben sind. Gibt Ihnen das nicht zu denken?

Jachmann: Auch wenn die damals verwendete Beize nicht von Syngenta stammte - dass ein Unfall passiert, kann nie gänzlich ausgeschlossen werden. Wir jedenfalls tun unser Möglichstes, damit Pflanzenschutzmittel die Bienen nicht schädigen.

Standard:  Auch wenn Sie sagen, Sie unterstützen die Bienen: Syngenta will an der im Vorjahr eingereichten Klage gegen das von der EU-Kommission ausgesprochene Verbot der Ausbringung von Neonicotinoiden festhalten?

Jachmann: Wir streiten nicht ab, dass unser Mittel bei nicht sachgerechtem Einsatz für Bienen schädlich sein kann. Wir haben Klage gegen das Verfahren eingereicht, weil wir meinen, dass wichtige Aspekte nicht berücksichtigt wurden.

Standard:  Was genau stört Sie?

Jachmann: Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit; Anm.) hat ihre Bewertung auf Basis von veröffentlichter Literatur zum Thema vorgenommen, hat nach unserem Dafürhalten aber nicht berücksichtigt, was in den einzelnen Mitgliedsländern in den letzten Jahren an Wissen erarbeitet worden ist. In Deutschland etwa hat man nach einer genauen Analyse des Unfalls am Rheingraben sehr klare Leitlinien eingeführt, wie man richtig beizen und wie die Rezeptur aussehen muss, wie hoch die Staubgrenzwerte sein dürfen und all diese Sachen. Diese Erkenntnisse sind von Brüssel nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Standard:  Neonicotinoide sind falsch angewendet worden?

Jachmann: Bei dem Unfall am Rheingraben eindeutig. Das war aber der Auslöser für die Situation, die wir jetzt haben.

Standard:  Brüssel verweist auf diverse Studien, die den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Neonicotinoiden und dem Bienensterben klar dokumentieren?

Jachmann: Wir zweifeln das nicht an. Es ist völlig klar, dass Neonicotinoide per se bienengiftig sind. Die entscheidende Frage ist, ob die Biene mit dem Wirkstoff in kritischen Konzentrationen in Berührung kommt. Wir müssen alles tun, damit das nicht passiert. Bei sachgerechter Anwendung des Mittels in der Landwirtschaft und bei all den Vorkehrungen, die wir getroffen haben, ist die praktische Anwendung hinreichend sicher für die Bienen.

Standard:  Im Prinzip geht es um zwei Mittel von Bayer sowie um Thiamethoxam von Syngenta. Welchen wirtschaftlichen Schaden haben Sie durch das Spritzverbot?

Jachmann: Die Höhe des Ausfalls ist nicht das Problem. Es geht darum, wie prinzipiell mit Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft umgegangen wird. Im Vorjahr konnten die Landwirte das Mittel noch verwenden, heuer nicht mehr. Die Alternative heißt mehrfach spritzen. Das kann ja nicht Sinn der Sache sein.

Standard:  Eine Panikreaktion der EU-Kommission?

Jachmann: Da sind, glaube ich, mehrere Faktoren zusammengekommen. Während das Verfahren lief, gab es einen Wechsel von einem EU-Kommissar, der wegen Nähe zur Tabakindustrie unter Beschuss geraten und zurückgetreten ist zu einem anderen. Und der hat wohl Wert darauf gelegt, das Verfahren mit möglichst großem Abstand abzuwickeln mit der Folge, dass in der Risikoabschätzung überzogen wurde.

Standard:  In der EU ist nun ein zweijähriges Moratorium wirksam, Österreich hat nach anfänglicher Ablehnung eines Ausbringungsverbots das Moratorium auf drei Jahre ausgedehnt. Womit rechnen Sie?

Jachmann: Durch die Klage per se werden wir das Mittel nicht wiederkriegen. Wir hoffen aber, eine sachgerechtere Bewertung zu bekommen. Der Wirkstoff, der verboten wurde, hat viel weniger Nebenwirkungen als zum Beispiel eine Spritzung, die alternativ zwei- oder dreimal gemacht werden müsste - sofern man das Mittel sachgerecht einsetzt. Das sollte man berücksichtigen.

Standard:  Wenn es nicht die Biene beträfe, fänden Sie mehr Verständnis für Ihre Argumentation?

Jachmann: Klar ist, gegen die Biene Maja kann man nicht argumentieren. Wahrscheinlich haben Sie recht: Die Stechmücke hätte weniger Schlagzeilen gemacht.

Standard:  Wachstumsmarkt ist Europa für Sie keiner mehr?

Jachmann: Europa ist für uns bei Pflanzenschutzmitteln aber nach wie vor der größte Markt und der profitabelste.

Standard:  Die Wachstumsraten, nach denen Sie sich sehnen, liegen in den Schwellenländern?

Jachmann: Absolut. Die Raten, die uns in den vergangenen Jahren beflügelt haben, sind aus China gekommen, aus Südamerika, teilweise aus Nordamerika, vor allem aber aus Asien.

Standard:  Dort geht es um Bekämpfung des Hungers bei rasch steigender Bevölkerungszahl. Und bei uns - um Luxusprobleme?

Jachmann: Wir sollten nicht so arrogant sein und sagen, wandeln wir das Ackerland in Parkflächen um und importieren die notwendigen Lebensmittel. Damit nehmen wir den Menschen woanders die Flächen weg. Man sollte vernünftig Ackerbau und Landwirtschaft auch in unseren Breiten betreiben - und den Bauern die notwendigen Betriebsmittel geben. Nimmt man einem Bauern den Traktor, kann er mit dem Pferd pflügen. Sinnvoll ist das nicht. (DER STANDARD, 15.2.2014)