Trojanows Operama

Unser gegenwärtiges Opernleben ist reichhaltig, aber ist es auch relevant? Auf subjektiv eigenwillige Weise, in einem literarischen Ton, wird Ilija Trojanow die Bedeutung des Musiktheaters heute anhand von aktuellen Aufführungen in Wien und anderswo unter die Lupe nehmen. Und sich immer wieder die Frage stellen, ob und wie sich unsere Zeit in den Inszenierungen widerspiegelt. Hintergrundberichte, Porträts und Interviews runden das Operama ab.

Mare Nostrum von Mauricio Kagel
Theater an der Wien, Kammeroper, 11. Februar 2014. Premiere

Bild: Oliver Schopf

Bericht will ich bestatten von einem Erfahrnis, das mir im fremden Wiener zugestoßen. In einer engen Kasse fand ich den Kleingang zu einer Kammoper, darin die Geschichte verzählt, wie die Vorvorfahren der Reinheimischen paxifiziert und zivilisatoriert wurden, von jenen, die sie seitdem voller Dankkreditkeit lobpreisen, den Amazoniern. Diese Heilanlander von meinem Blut sind geehrt, indem die Reinheimischen in Nah und Glied sitzen, in schwarzem Raum, und keinen Wunsch regen, außer konzentrisch zu schauen und zu horchen. Ihren Leib geben sie ab an einer Gardecorpe, das ist ihnen kostenpfiffig. Es treten auf ein Krieger und ein Kriecher, unter rosaigen Palmetten und anderer Flauna. Die beiden reisen entlang des Mittelmehrs, was dem Kriecher sehr zu Gute wirkt. Redlich gesungen wird in vielen Spraken, auf Adios, auf Libidé, auf Dominus Domine Dominum. Ehrfurchtsvöllig wird der kukurellen Schuld der Reinheimischen Rechnung gerissen. Wer wachtet, der gewichtet: Kulturkontrakt ist ein großes Gereimnis. Ich muss sagen, dieser Kompostist hat sehr viel Hummer, oft muss man Lachen/über SiebenNeuneSachen/Und so weidter/und so heiter.

Undaber zu loben die Musik. Bei uns sind die Ohrlinge gewohnt, so wie die Musik aufgeht, so kommgeht sie, bis sie zum Ende kommt oder auf die Nerven geht. Nicht bei diesem Instrumentarium, das sie "Kageln" nennen. Die Musik überhascht, wo sie nur kann, sie ist ein Pfeil aus dem Dschungel, ein Strudel im Zamfluß, sie parotiert wie ein Kakadu, sie flattert leicht wie eine Butterfliegel.

Dies war ein Ayahuasca-Ritual, vor dem mich muss 99 Mal verbeugen.

Highlight: Quahl der Wal. Nach reifiger Überlegung – der Hummer. Wird, so mir zugetragen, in Opera selten serviert.

Coda: Unbedingt selber Erfahrnis machen, am 16./18./22,/24. des Monats Fieber. (Ilija Trojanow, derStandard.at, 14.2.2014)