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Brennende Autos, eingeschlagene Auslagescheiben: Die venezolanische Regierung geht mit Gewalt gegen Oppositionelle in Caracas vor. Diese sprechen von infiltrierten Agenten.

Foto: REUTERS/Carlos Garcia Rawlins

Caracas/Puebla - Drei Wochen vor dem ersten Todestag von Hugo Chávez ist die Situation in Venezuela eskaliert. Bei Studentenprotesten gegen die Regierung von Nicolás Maduro wurden am Mittwoch zwei Studenten und ein Regierungsanhänger erschossen. 23 Menschen wurden laut Staatsanwaltschaft in Caracas verletzt, 30 festgenommen. Auch zwei Journalisten waren unter den Festgenommenen, erklärte die Mediengewerkschaft. Ein Menschenrechtsaktivist sei von Sicherheitskräften entführt und misshandelt worden, gab die Organisation Provea bekannt. Auch aus der Provinz wurden Schusswechsel, dutzende Festgenommene oder verschollene Studenten vermeldet.

Drohungen gegen die Medien

Die zumeist gleichgeschalteten TV-Stationen zeigten kaum Bilder von den Ausschreitungen, dafür aber unter anderem eine Rede des Staatschefs. Ausländische Fernsehkanäle wie TNT24 wurden abgeschaltet. Regierungsanhänger raubten Reportern der Nachrichtenagentur AFP eine Kamera mit Sequenzen, in denen Sicherheitskräfte Studenten verprügelten.

Die Regierung hatte die Medien am Dienstag davor gewarnt, "gewaltverherrlichendes Material" zu publizieren. Nach Beginn der Ausschreitungen wiederholte der Chef der Medienaufsichtsbehörde, William Castillo, die Warnung explizit an die internationale Presse. Trotzdem breiteten sich Videos von Amateurfilmern rasant via Internet aus; darunter solche von schießenden Sicherheitskräften.

Trotz Warnungen gingen Hunderttausende im ganzen Land gegen Zensur, Inflation und Kriminalität auf die Straße. Die Studenten forderten die Freilassung inhaftierter Kommilitonen. "Maduro, Feigling, lass die Studenten frei!", lauteten ein Slogan.

"Nazi-Faschisten"

In Maracay, Barquisimeto, Maracaibo und Mérida versuchte die Polizei, die Proteste mit Tränengas aufzulösen. In Caracas eskalierte am Nachmittag im Zentrum die Lage: Es flogen Steine und Molotowcocktails, Schüsse fielen. Bei Einbruch der Dunkelheit setzten sich die Unruhen fort, Polizeiautos gingen in Flammen auf. Beide Seiten schoben sich die Schuld für die Gewalt in die Schuhe. Präsident Maduro bezeichnete die Opposition als "Nazi-Faschisten" und warf ihr vor, einen Umsturz und seine Ermordung zu planen. Für die Toten seien "Scharfschützen" verantwortlich, man wolle einen Putsch provozieren. Am Freitag werde er dem Land einen "Plan zur nationalen Befriedung" vorstellen.

Oppositionsführer Leopoldo López machte indes in die Opposition eingeschleuste Provokateure für die Ausschreitungen verantwortlich und erklärte, die Regierung reagiere gewalttätig, weil sie schwach, antidemokratisch und korrupt sei. Er gehe davon aus, dass die Protestwelle andauere und noch weiter anwachse. Zur angespannten politischen Lage kommt die Wirtschaftskrise: Die Inflation beträgt 56 Prozent, es kommt immer wieder zu Stromausfällen, Lebensmittel sind knapp, ausländische Fluglinien streichen wegen der Devisenkontrollen Flüge von und nach Caracas. Und die Mordrate gehört zu den höchsten weltweit. (Sandra Weiss, DER STANDARD, 14.2.2014)