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Kartenschreiben - eine vergessene Kunst. Während die Amerikaner ihre Liebsten gerade zum Valtentinstag mit Karten überhäufen, kämpft die Glückwunschkarte hierzulande.

Foto: APA/Pleul

Das Postkasterl – aus ihm entspringt ein unerschöpflicher Quell schlechter Gefühle. Rechnungen, Mahnungen, die Benachrichtigung einer Postsendung, obwohl man zuhause auf das Packerl wartet. Doch hin und wieder landet auch ein buntes Kuvert oder eine Ansichtskarte aus Bora-Bora im Briefkasten. Selbst über das einfallsloseste "Liebe Grüße aus Salzburg sendet Tante Mitzi" kann da ein Lächeln auf das Gesicht des Empfängers zaubern.

Das Grußkartenschreiben scheint aber immer mehr an Reiz zu verlieren. Da hilft auch der Valentinstag nicht weiter. Im anglo-amerikanischen Raum ist er einer der klassischen Karten-Versende-Tage. Während in den USA zum Beispiel schon Kinder in den Schulen ihren angebeteten "Valentines" Karten schreiben und der Valentinstag zum zweitwichtigsten Festtag für die Kartenindustrie nach Weihnachten gilt, greifen die Österreicher – wenn überhaupt – zu Blumen.

Aus kartenschreibenden Taferlklasslern werden vielleicht eher kartenschreibende Erwachsene. Diesen Schluss lassen zumindest die harten Zahlen zu. Durchschnittlich sechs Karten kauft ein Österreicher pro Jahr, in England sind es jährlich 40 pro Kopf, in den USA doppelt so viele.

Weniger Karten, dafür hochwertigere

In Österreich gibt es nur einige wenige Kartenhersteller, viele der in Österreich erhältlichen Karten würden aus dem deutschsprachigen Raum bezogen, weiß Andreas Auer, Obmann des Bundesgremiums für Papier- und Spielwarenhandel und Chef des niederösterreichischen Glückwunschkarten-Vertriebs CardCompany.

Zwar gehe die Stückzahl der verkauften Karten zurück, dafür würden aber durchaus hochwertigere, und damit teurere Karten nachgefragt. Dabei gibt es auch regionale Unterschiede. So verkauft man im Westen Österreichs viel mehr Trauerkarten, im Osten des Landes hingegen mehr neutrale Karten ohne Text. Die meisten Glückwunschkarten werden im Papierfachhandel verkauft, aber auch im Lebensmittelhandel oder in Trafiken gehen Karten über die Budel.

Günter Garbrecht kennt das Glückwunschkarten-Geschäft seit 40 Jahren. Er war Chef des Karten-Verlags AvanCarte in Bremen, mittlerweile steht er dem Unternehmen nur mehr als Berater zur Seite. Zuerst habe man mit dem Traditionsbetrieb, der 1891 gegründet wurde, auf Ansichtskarten gesetzt. Einen wahren Boom hätten die Bild-Postkarten nämlich nach dem ersten Weltkrieg erlebt, erzählt Garbrecht im Gespräch mit derStandard.at aus dem historischen Nähkästchen.

Angeben mit Reisen

Langsam habe sich dann die Karte mit Kuvert durchgesetzt, um die Botschaften den neugierigen Blicken des Postlers oder der Hausangestellten zu entziehen. Ab Mitte des 20. Jahrhundert wurden die Ansichtskarten von den Glückwunschkarten verdrängt. "Als es keine Sensation mehr war, von Düsseldorf nach Bremen zu reisen", sagt Garbrecht, und die Karte aus Italien interessanter wurde, starteten Geburtstags- oder Weihnachtskarten ihren Siegeszug auch in Europa.

Weihnachtskarten wurden etwas mehr als 100 Jahre vorher erfunden. Wahrscheinlich aus Faulheit. Denn der britische Beamte Henry Cole beauftragte einen Künstler, eine Karte zu entwerfen, weil dem Briten offenbar die Lust fehlte, seinen Verwandten und Freunden lange Briefe zu Weihnachten zu schreiben.

Kartenschreiben dürfte übrigens Frauensache sein. Laut der US-amerikanischen Vereinigung der Kartenhersteller werden gut 80 Prozent aller Glückwunschkarten in den USA von Frauen gekauft – und wahrscheinlich auch geschrieben. Außerdem würden demnach Frauen wesentlich mehr Zeit bei der Auswahl von Karten verbringen.

Feind Telefon

"Die größte Konkurrenz für die Glückwunschkarte war das Telefon", glaubt Garbrecht, und das wurde bekanntlich vor über 150 Jahren erfunden. Email, Smartphone, E-Card oder Facebook sind nur Weiterentwicklungen des ersten großen Feindes der Karte.

"Ach, Tante Emma hat Geburtstag, da nehme ich gleich noch eine Karte mit", diesen Impuls, glaubt Garbrecht, verdrängt immer häufiger das schnelle Zücken des Mobiltelefons. Große Schreibwarengeschäfte hätten zudem einen schweren Stand, sie verschwinden langsam aus dem Stadtbild.

Werner Lippels, der Vorsitzende der deutsche Arbeitsgemeinschaft der Hersteller und Verleger von Glückwunschkarten, blickt auf eher schlechte Jahre zurück. 2011 und 2012 seien sowohl Absatz als auch Umsatz von Glückwunschkarten in Deutschland zurückgegangen. Besonders hart getroffen habe es die Bereiche Weihnachten, Ostern, Muttertag oder Vatertag – die Deutschen würden zu diesen Anlässen deutlich weniger Karten verschicken.

Doch es gibt auch Anlässe, zu denen eine Karte immer noch das richtige Kommunikationsmittel scheint: Kondolenzbekundungen zum Beispiel schickt man eher nicht per SMS, sondern greift zur Beileidskarte. Ganz ähnlich schaut auch die Situation in Österreich aus.

Eine Karte spiegle grundsätzlich die Wertigkeit der Person wider, die die Karte erhält. "Für die Frau, die ich liebe, gebe ich mehr Geld aus, als für die Schwiegermutter", fasst es Auer zusammen. (Daniela Rom, derStandard.at, 14.2.2014)