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Über die Einführung der neuen, schlauen Zähler wird noch gestritten. Aber die alten Drehstromzähler haben jedenfalls ausgedient.

Foto: AP/Michael Probst

Wien - Nach der ersten Euphorie ist längst die große Ernüchterung eingekehrt. Smart Meter - so hatte es geheißen - würden den Stromverbrauch von Haushalten und Betrieben so richtig smart machen: Da könnten sich dann Geräte wie Waschmaschinen oder Geschirrspüler beispielsweise mitten in der Nacht einschalten - wenn der Strom richtig billig ist. Stromfresser im Haushalt würden leicht erkennbar werden; jedermann und jedefrau könnte jederzeit nachvollziehen, wann wo wie viel verbraucht wird, und so einiges einsparen.

Und vor allem hieß es: Smart Meter würden den Stromgesellschaften beim Ausgleich der unregelmäßig produzierten und eingespeisten erneuerbaren Energien helfen: Wenn Windräder oder Photovoltaikanlagen einmal Strom liefern und dann wieder nicht - mit Smart Metern und intelligenten Netzen könne man gegensteuern.

Hohe Kosten - kleines Sparpotenzial

Ziemlich hohe Erwartungen für - na ja: im Grunde genommen elektronische Stromzähler mit ein paar neuen Extrafunktionen. Erwartungen, die nach und nach enttäuscht wurden. Da berichtete die Berliner taz beispielsweise Ende Dezember von einer Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young im Auftrag des deutschen Wirtschaftsministeriums, nach der die Kosten für einen Smart Meter samt entsprechender Kommunikationstechnik in einem Durchschnittshaushalt weit höher seien als das, was mithilfe dieses Zählers überhaupt eingespart werden kann. Den jährlichen Kosten von rund 89 Euro pro Kunde stünde demnach ein Einsparungspotenzial von lediglich zehn bis 20 Euro gegenüber.

Ursache für dieses kleine Sparpotenzial seien die nur sehr geringen Preisunterschiede für Strom am Spotmarkt. In die gleiche Kerbe schlug Mitte Jänner ein Bericht der Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW): Nach einem dreijährigen Versuch mit insgesamt 1000 Haushalten habe sich gezeigt: Die Einsparung beim Stromverbrauch durch Smart Meter betrug lediglich drei Prozent. Bei den sparsamen Schweizern machte das gerade einmal 24 Euro pro Jahr aus. Ein entscheidender Punkt, der seitens der CKW angeführt wurde: Für eine flächendeckende Einführung der Smart Meter würden noch regulatorische und technische Normen fehlen. Ein Punkt, der auch in Österreich angeführt wird - doch davon später mehr.

Bedenken der Datenschützer

In Österreich wurden grundsätzlich auch seitens der Datenschützer massive Bedenken geäußert: Die Geräte seien technisch noch nicht ausgereift, warnte etwa Datenschutzexperte Hans Zeger von der Arge Daten im ORF. Dies könne zu einer Kettenreaktion führen, die Österreich oder sogar Teile Europas lahmlegen könnte. Und: Würden einfach so sämtliche Daten der Haushalte übermittelt, würde dies sehr viel über die Lebensgewohnheiten der einzelnen Kunden verraten.

Aber es wäre auch nicht Österreich, wenn die Diskussion hierzulande nicht auch noch eine ganz besondere Note draufgesetzt bekommen hätte. "Ich hoffe, dass wir nicht die blödesten Netzbetreiber haben", meldete sich Ende Jänner E-Control-Vorstand Walter Boltz zu Wort, der sich über Smart-Meter-Kritiker im Interview mit der APA lustig machte. In Italien seien problemlos in zwei Jahren 18 Millionen Smart Meter ausgerollt worden, "und so viel blöder sind wir doch wohl nicht". Die österreichischen Netzbetreiber hätten die Einführung schlicht "verschlafen".

Streitpunkt Funktionen

Eine Aussage, nach der sich Reinhard Brehmer, Geschäftsführer der Wien Energie Netzgesellschaften für Strom und Gas und gleichzeitig Netze-Sprecher von Österreichs Energie, gleich einmal als "Schlafmütze" am Telefon meldet - und das natürlich im ironisierten Groll. Denn Brehmer verweist auf ganz entscheidende Mängel bei den vorgesehenen Normen im Eichgesetzentwurf. "Im Moment spießt es sich einfach bei der Vorschrift über die vorgesehenen Funktionen der Smart Meter", erläutert er im Standard-Gespräch.

Eine entscheidende und offene Frage sei etwa, wie oft das Gerät die Daten des Stromverbrauchs übermitteln soll: täglich, im Viertelstundentakt - oder nur bei der Jahresablesung? Denn genau davon hänge auch der Stromverbrauch dieses Gerätes ab. Wür- de im Viertelstundentakt abgelesen, dann wäre der Stromverbrauch - und damit auch die Kosten - des Gerätes um ein Vielfaches höher.

Basiszähler mit Extras

Vor allem aber sei unklar, welche Funktionen der Smart Meter eigentlich bieten soll. Brehmer favorisiert die Variante, dass auf Wunsch lediglich ein elektronischer Zähler montiert wird. Wünscht der Kunde mehr Funktionen, dann könnten diese ja zugeschaltet werden.

Damit wären laut Brehmer gleich zwei kritische Punkte erledigt: die Frage des Datenschutzes und die des Stromverbrauchs. Denn dann würden Daten nur auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden verwendet. Und was den Stromverbrauch betrifft: "Das wäre wie beim Handy. Das verbraucht auch sehr viel Strom - wenn ich es viel verwende und viele Funktionen aktiviere. Wenn ich damit nur gelegentlich telefoniere, dann hält der Akku um ein Vielfaches länger." Und: "Wenn ich beim Handy ständig Bluetooth und WLAN eingeschaltet habe, ist die Datensicherheit auch geringer. Aber das ist dann eben meine eigene Entscheidung."

Brehmer schlägt daher vehement eine Revision der österreichischen Smart-Meter-Verordnung vor. Erste Vorgespräche mit dem zuständigen Wirtschaftsministerium gebe es bereits.

"Ein paar Prozente"

Und die große Wunderwuzzi-Wirkung der Smart Meter - der Ausgleich der volatilen Erneuerbaren-Einspeisung? "Dafür brauche ich keine flächendeckende Smart-Meter-Einführung", erklärt Brehmer. "Bei der Verbrauchssteuerung kann ich im Grunde nur ein paar Prozente bewegen." Der eigentliche und entscheidende Vorteil der Smart Meter sei vielmehr: "Bei Störungen kann ich sehr schnell erfassen, was eigentlich los ist." Das sei im Grunde wie bei einem Stromausfall. "Da schau ich zuerst auch einmal, ob beim Nachbarn noch Licht ist oder nicht. Mithilfe der Smart Meter können wir bei Störungen nicht nur sehr schnell dort sein - sondern wir haben dann auch gleich die richtigen Geräte mit dabei."

Brehmer betont jedenfalls, er wolle im Vorfeld nur alle Punkte klären - dann aber so schnell wie möglich die Geräte ausrollen. Gegen die Entwicklung zu sein wäre jedenfalls absurd. Brehmer: "Das wäre ungefähr so, als hätte man gesagt, wir sind gegen die Smartphones. Dass die herkömmlichen Stromzähler abgelöst werden, das steht auf jeden Fall fest." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 13.2.2014)