Wien - Die bemerkenswerte Struktur von Graphen verschafft dem Material wertvolle Eigenschaften. So leitet es Strom bei Raumtemperatur besser als andere Materialien, Verluste gibt es aber dennoch. In der Frage, wie man Graphen supraleitend machen, also Strom völlig verlustfrei transportieren kann, sind nun Wiener Forscher einen entscheidenden Schritt weitergekommen.

Supraleitende Materialien verlieren beim Unterschreiten einer sehr niedrigen Temperatur - nahe dem absoluten Nullpunkt von Minus 273 Grad Celsius oder Null Kelvin - ihren elektrischen Widerstand. Eine besondere Rolle bei diesem Phänomen spielt die Bildung von sogenannten Cooper-Paaren. Das sind Paare von Elektronen, die bei den tiefen Temperaturen die elektromagnetische Abstoßung - sie sind ja beide negativ geladen - überwinden und in einen bestimmten quantenmechanischen Zustand gelangen. Dies ermöglicht letztendlich den verlustfreien Ladungstransport.

Dotierter Kohlenstoff macht's möglich

Bisher habe es noch keine Hinweise auf Supraleitung in Graphen, einer nur eine Atomlage dünnen Kohlenstoffschicht, gegeben, meinen die Forscher. Dagegen könnten andere Kohlenstoffformen wie Graphit oder Fullerene durchaus zu Supraleitern werden. Sie benötigen dazu zusätzliche Elektronen, indem der Kohlenstoff mit anderen Materialen dotiert wird.

Alexander Grüneis von der Gruppe "Elektronische Materialeigenschaften" an der Fakultät für Physik der Uni Wien hat gemeinsam mit deutschen und US-Kollegen untersucht, mit welchen Materialien man Graphen am besten dotieren muss, um es supraleitend zu machen. Sie nutzten dabei am Elettra Synchrotron in Triest (Italien) eine Methode, die sogenannte winkelaufgelöste Photoemission, die Vorhersagen über die Supraleitung macht, ohne diese tatsächlich zu messen.

Die direkte Messung sei deshalb nicht möglich, weil man das Graphen mit seinen Elektronendonoren auf Metall wachsen lässt und daher keine Spannung anlegen kann, sagte Grüneis. Der Forscher, der gerade auf eine Exzellenzprofessur für Quantum Matter and Materials an die Universität Köln berufen worden ist, untersuchte die Auswirkungen der Dotierung von Graphen mit verschiedenen Materialien wie Cäsium, Rubidium, Kalium, Natrium, Lithium oder Kalizium. Wie die Forscher im Fachjournal "Nature Communications" berichten, zeigte sich Kalzium als vielversprechendster Kandidat für die Supraleitung von Graphen, die bei einer kritischen Temperatur von 1,5 Kelvin eintritt.

Vergleichsweise tiefe Temperaturen nötig

Das ist im Vergleich zu Fullerenen, die bereits bei 33 Kelvin supraleitend werden, relativ niedrig. Und Grüneis glaubt auch nicht, dass mit anderen Materialien als Dotierung höhere Temperaturen erzielbar sind. Das Graphen biete aber andere Vorteile und höhere kritische Temperaturen könnten möglicherweise durch die Änderung der Stapelfolge erzielt werden, also nicht nur einlagiges, sondern zwei- und mehrlagiges Graphen. (APA/red, derStandard.at, 16.2.2014)