Chinesen lieben Symbole. Alle Chinesen. Es ist kein Zufall, dass die alte Hauptstadt der Republik, Nanjing, als Schauplatz gewählt wurde. Dort erlebten Chiang Kai-shek und seine Nationalisten ihre größte Macht, bevor sie nach dem verlorenen Bürgerkrieg gegen die Kommunisten samt Staatsnamen (Republik China), Staatskasse und kaiserlichen Kunstschätzen auf die Insel Formosa flohen. Nach sechseinhalb Jahrzehnten kommen dort nun die Emissäre der Volksrepublik und der Republik (Taiwan) zusammen, um die Beziehungen der formal noch immer im Bürgerkrieg befindlichen Parteien zu verbessern. 

Die Gespräche sind für beide Länder nützlich: Wirtschaftlich ist man seit Jahr und Tag auf das Engste verwoben. Der 2008 gewählte und 2012 wiedergewählte Präsident Taiwans, Ma Ying-jeou, fährt deshalb einen Peking-freundlichen Kurs, kann aber gleichzeitig auch darauf bauen, dass sich auf der Insel immer mehr ein Gefühl der "Nation" Taiwan herausbildet. Das macht eine enge Kooperation (inklusive großer Touristenströme) möglich, schließt eine Wiedervereinigung aber immer stärker aus.

Peking, das sich eine militärische Invasion Taiwans offenhält, will seinerseits in den zunehmenden regionalen Spannungen (mit Japan, Vietnam und den Philippinen) zumindest einen politischen Hotspot beruhigen. Einer der wenigen Punkte, wo man mit Taipeh einer Meinung ist, sind die umstrittenen Diaoyu-/Senkaku-Inseln: Die seien jedenfalls chinesisch. Auch das ist ein schönes Symbol. (Christoph Prantner, DER STANDARD, 12.2.2014)