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STANDARD: Welche Rolle hätte ein Wissenschafter wie Galileo Galilei in der Gegenwart?

Posch: Galilei war eher ein Einzelkämpfer, ein Wissenschafter, wie es ihn bis nach dem Ersten Weltkrieg gab. Danach wurden diese Typen durch Teams in den Naturwissenschaften zurückgedrängt. Diese Gruppenbildungen waren bis zu einem gewissen Grad nötig, weil die Spezialisierung und Technisierung fortschritten und man für komplexe Arbeiten schon mehrere Experten braucht. Ich möchte damit nicht sagen, dass ein Galilei heute keine Chance hätte. Es gibt herausragende Leistungen, die im Alleingang erzielt werden. In der Astronomie könnten wichtige theoretische Arbeiten von einer Person kommen.

STANDARD: Welche Arbeiten könnten das sein?

Posch: Eines der größten Rätsel der Kosmologie ist die Zusammensetzung von Dunkler Materie und Dunkler Energie. Diese Fragen sind bis heute trotz hohen Einsatzes an finanziellen Mitteln nicht zufriedenstellend geklärt, obwohl sie von grundlegender Bedeutung sind. Einen entscheidenden Impuls könnte auch die Arbeit eines Theoretikers geben, der von ganz neuen Überlegungen ausginge und so vielleicht ein Modell schaffen würde.

STANDARD: Sind das die einzigen Chancen für allein arbeitende Astrophysiker

Posch: Die Astrophysik sammelt durch zahlreiche Großprojekte eine Unmenge an Daten, die nicht zur Gänze bearbeitet werden können, denn die Wissenschafter gehen, sobald ein Projekt ausgelaufen ist, sofort zum nächsten. Es bestünde die Möglichkeit für gut ausgebildete Amateurastronomen, die liegengebliebenen Daten zu analysieren und Bemerkenswertes zu entdecken. (pi, DER STANDARD, 12.2.2014)