Wien/Kopenhagen - Körperteile der am Sonntag im Kopenhagener Zoo getöten Giraffe Marius sollen in Wien untersucht werden. Sie sollen klären helfen, wie die Stimmproduktion dieser Tiere funktioniert, bestätigte die Zoologin Angela Stöger-Horwath von der Universität Wien einen Bericht der Tageszeitung "Heute" (Dienstag-Ausgabe). Der Zoo überlässt der fünfköpfigen Forschungsgruppe des Departments für Kognitionsbiologie Zunge, Zungenbein, Kehlkopf und zwei bis drei Trachealringe der Giraffe.

"Wenn ein Tier getötet werden muss, wäre es schade, wenn es nicht für die Wissenschaft verwertet wird. Solche Präparate sind nicht so oft zu bekommen", sagte Stöger-Horwath der APA. Die Forscher wollen herausfinden, ob und wie Giraffen akustisch kommunizieren. Erwachsene Giraffen seien sehr still und würden nicht vokalisieren, erklärte der am Forschungsprojekt beteiligte Stimmforscher Christian Herbst. "Wir wollen verstehen, wie das Ganze funktioniert und was dabei physikalisch und physiologisch passiert", sagte der Wissenschafter.

"Ist das mit einer Kuh etwas anderes?"

Nach der Tötung des Giraffenkalbs reißen die internationalen Proteste nicht ab. Mehr als 58.000 Menschen fordern bisher in einer Online-Petition die Schließung des dänischen Zoos. Eine Facebook-Gruppe zum selben Thema hatte am Dienstag mehr als 22.800 Mitglieder.  Der Zoo war von den heftigen Reaktionen aus dem Ausland überrannt worden. In Dänemark hält sich die Aufregung dagegen in Grenzen. Etliche Facebook-Nutzer teilten am Dienstag ein Interview des britischen Senders TV4 mit dem Kopenhagener Zoodirektor Bengt Holst, in dem dieser die Fragen eines aufgeregten Moderators ruhig und sachlich kontert. "Es ist nicht grausam, es ist natürlich", verteidigte Holst etwa die Verfütterung der Giraffe an Löwen. Raubtiere lebten von Fleisch - und das komme nun einmal von anderen Tieren. "Wenn wir die Löwen nicht mit einer Giraffe gefüttert hätten, hätten wir das mit einer Kuh getan. Ist das etwas anderes?"

Marius war am Sonntag in der dänischen Hauptstadt betäubt und erschossen worden, weil im Giraffengehege kein Platz für ihn war. In einen anderen Tierpark konnte er nicht umziehen, weil die Gefahr der Inzucht dem Zoo zufolge zu groß gewesen wäre. Sein Tod und die Obduktion vor Kinderaugen hatten international Empörung ausgelöst.

In Dänemark sind öffentliche Obduktionen von Tieren nicht ungewöhnlich: Im Naturhistorischen Museum in Aarhus etwa können Kinder regelmäßig dabei zusehen, wie Tierkörper obduziert werden. Auf dem Winterferien-Programm, das nach Museumsangaben jedes Jahr bis zu 8.000 Menschen anzieht, stehen in dieser Woche etwa die Obduktion einer Antilope, eines Waschbären und eines Wolfs. "Das ist immer ein Publikumshit", sagte Lars Bogh vom Museum der Zeitung "Politiken". Im Gegensatz zum Zoo gebe das Museum den Tieren aber keine Namen. Daher rühre viel der Dramatik im Fall "Marius", erläuterte Bogh. "Die Namensgebung romantisiert und provoziert solche Situationen, in denen man vergisst, dass die Natur die Natur ist, eine Robbe eine Robbe und ein Wal ein Wal. Wir wollen Tiere und Natur ent-disneyfizieren." (APA, 11.2.2014)