Wien - Was korrupte Politiker betrifft haben die Österreicher eine sehr selektive Einschätzung: 80 Prozent halten EU-Institutionen für korrupt, aber nur die Hälfte hält Politiker in den Bundesländern oder Lokalpolitiker (46 Prozent) für korruptionsanfällig. Das geht aus der jüngsten Eurobarometer-Erhebung hervor. Die Österreicher sind damit Spitzenreiter, was das Misstrauen gegenüber Europapolitikern betrifft. Ähnlich kritisch sehen die Außenwelt nur Franzosen, Slowaken und Tschechien, wobei lokale Klientel- und Vetternwirtschaft nicht als korrupt, sondern als traditionell und normal angesehen werden.
Generell werden hierzulande Parteien und Politiker von rund zwei Dritteln der Bevölkerung als die korruptesten Teile der Gesellschaft wahrgenommen. Als am wenigsten korrupt gelten Bildungssektor und Gesundheitswesen. Größer als in die Politik, wenn auch nicht in hohem Ausmaß, ist das Vertrauen in die Privatwirtschaft. Trotz Anschauungsunterrichts in den Korruptionsbiotopen Telekom und Buwog-Privatisierung hielten 2013 nur 41 Prozent die Privatwirtschaft für korrupt. Das ist weit über EU-Schnitt aber hinter Schweden. Schlusslichter sind Polen und Rumänen (17 Prozent). Allerdings wünschen sich 80 Prozent der Österreicher generell eine schärfere Bestrafung von Korruption.
Ein Widerspruch tut sich bei der Akzeptanz auf: Zwar halten nur zwei Prozent der Österreicher Korruption für akzeptabel, toleriert wird sie aber von fast der Hälfte; im EU-Schnitt: 33 Prozent.
Tendenz sinkend: Zuletzt glaubten nur 13 Prozent, dass Korruption in Österreich zunahm, 2011, am Höhepunkt der Skandale waren es 18. Grün-Abgeordnete Gabriela Moser führt das Misstrauen gegen EU-Politiker maßgeblich auf den Fall Strasser zurück. Und: "Der Kampf gegen Korruption ist noch nicht in der Fläche angekommen." (ung, DER STANDARD, 10.2.2014)