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Ole Einar Björndalen gewann, 16 Jahre nach seinem ersten, das siebente olympische Gold. Erneut im Sprint.

Foto: AP/ Felipe Dana

Krasnaja Poljana - Und am Ende waren sie alle klarerweise hin und weg von diesem Vierzigjährigen. Norwegens Ole Einar Björndalen hat am Samstag seine bereits zwölfte Olympiamedaille gewonnen, die siebente in Gold. Weil der Samstag erst der Beginn der Spiele war, begriffen viele diesen Sprint der Biathleten als Auftakt auch zu Ole-Einar-Björndalen-Spielen, während derer er skatend und schießend Richtung Ewigkeit marschiert.

Landsmann Björn Dählie, der mit acht Goldenen und vier Silbernen bislang die Spitze des Olymps besetzt hält, ist sich sicher: "Er wird meine Rekorde nur so zerbröseln." Beeindruckt bis hin zur vorauseilenden Unterwerfung und Huldigung hat den immer noch regierenden Olympier - ein Langläufer - vor allem eines: "Dass er so schnell in der Loipe ist, da werfe ich mich vor ihm in den Staub." Immerhin hatte Björndalen ja einen Schießfehler.

Der Gehuldigte

Ähnlich bis gleichlautend die Reaktionen reihum. Der Gehuldigte nimmt die Ovationen freilich mit kaiserlicher Gelassenheit. Er habe ja Zeit genug gehabt, Titel und Medaillen zu sammeln. Seit seinem Weltcupdebüt 1992 kamen immerhin 19 WM-Titel und sieben Olympiagoldene, insgesamt 51 Medaillen zusammen. Der heute 46-jährige Dählie schaffte seine 29 Medaillen von 1991 bis 1999 in deutlich weniger Rennen.

Björndalens früher Beginn und sein langer Atem dürften freilich auch Dählies Prophezeiung wahrscheinlich machen. Der Mann aus Drammen ist ja keineswegs schon in der sportlichen Transformationsstufe des Co-Kommentierens, sondern weiter in der des Kommentiert-Werdens. Und fühlt sich darin offenbar immer noch stark wie ein junger Stier. Motiviert sei er wie bei seinen ersten Spielen, der Sprint zum Auftakt mit dem fast fatalen Fehlschuss und deshalb bloß einen Hauch - 1,3 Sekunden - vor Österreichs Dominik Landertinger "war mein bisher bestes Rennen". Der Auftakt ist allerdings organisatorisch - als Startliste für die heutige Verfolgung - und mental seinerseits ein Auftakt. Oder anders: eine Kampfansage. "Jetzt habe ich zur richtigen Zeit mein bestes Rennen gemacht."

Im Alter wächst - und das ist leider der einzige Vorteil des Alters - die Gelassenheit, die auch aus der Rückschau sich nährt. "Ich hatte so viele schöne Großereignisse, eine echte Märchenkarriere", sprach also Björndalen, "der Druck war zwar groß, aber ich war ganz ruhig."

Norwegergefühl

Nona schießt nun auch das norwegische Norwegergefühl (neben dem österreichischen Österreichergefühl zwar ein sogenannter Lercherlschas, aber immerhin) ins Kraut." Gigant", "König", "Außerirdischer", so zurückhaltend formulierten die norwegischen Medien. Da konnte Erna Solberg, die Ministerpräsidentin, nicht anders, als zu twittern: "Der Älteste ist der Beste! Fantastisch!"

Aber weder die Politikerin noch die Zeitungen waren mit ihrem emotionalen Überschuss alleine. Der geschlagene französische Gesamtweltcup-Führende Martin Fourcade erklärte glaubhaft: "Wenn er im Ziel gewesen wäre, als ich reinkam, hätte ich ihm die Hand gegeben und ihm gesagt, dass er der König ist." Im Osttiroler Obertilliach ist er das ja schon längst, seit 1998 wohnt er dort, nicht nur offiziell und nicht nur lange auch privat, sondern sozusagen auch beruflich.

Immerhin gibt es dort ein renommiertes Biathlon-Zentrum, dem auch ein bisschen der Ruf einer Goldschmiede nacheilt. Nicht erst jetzt und nicht nur wegen des Mannes, der sich nun angeschickt hat, in die Ewigkeit abzurücken.  (sid, wei, DER STANDARD, 10.2.2014)