Auch Michael Spindelegger plädiert jetzt für eine teilweise Verlagerung der Steuerhoheit des Bundes in die Länder. Der Vorstoß der schwarzen Landeshauptleute wird vom ÖVP-Chef unterstützt.

 

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Wien - Michael Spindelegger hat, noch bevor sich neues Konfliktpotenzial aufbauen könnte, die Luft rausgelassen. Zu den von der Phalanx seiner ÖVP-Landeshauptleute vorgetragenen Forderung nach Verlagerung von Teilen der Steuerhoheit des Bundes in die Länder zeigte sich der Finanzminister und ÖVP-Chef konziliant und beschwor das Erinnerungsvermögen seiner Parteifreunde: Auch er sei ja schon immer für Landessteuern gewesen.

Und damit es auch seine Parteikollegen im weiten Westen hören, wo das Thema als Erstes laut artikuliert wurde, versicherte Spindelegger via ORF-Mittagsjournal seine Loyalität mit den aufmüpfigen Länderfürsten. Die Verländerung von Teilen der Steuerhoheit des Bundes sei kein Alleingang der Landeshauptleute, sondern "ein gemeinsamer ÖVP-Vorschlag" , wollte der Vizekanzler unterstrichen wissen.

Bund, Länder und Gemeinden sollten "auf dem Weg zu einem modernen Staat" eine andere Aufteilung finden, da könnte es durchaus sein, dass den Ländern Steuerhoheit übertragen werde. Hauptsache, so Spindelegger, "die Rechnung für den Bund stimmt". Daher dürften die Länder, sollte es eigene Ländersteuern geben, auch nicht mehr an allen Steuern partizipieren, die der Bund einhebt. Dort, wo die Länder Steuerhoheit bekommen, sollten sie auch die Steuersätze selbst bestimmen können "und damit untereinander in einen Wettbewerb eintreten", sagte Spindelegger. Über das Thema sollte noch vor den Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich debattiert werden, auch mit den Sozialpartnern, versuchte sich Spindelegger sozusagen an die Spitze der ÖVP-Initiative für Ländersteuern zu stellen.

Umgesetzt werden könnte eine neue Steuerhoheit für Länder aber ohnehin erst beim nächsten Finanzausgleich - also frühestens 2017. Der aktuelle Finanzausgleich wird laut Regierungsprogramm bis Ende 2016 verlängert.

Spindelegger kalmiert

Den von den ÖVP-Landeshauptleuten im Standard geäußerte Vorstoß in Richtung Landessteuern will Spindelegger nicht als weiteren Angriff gegen seine Person werten. Auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, einer der Wortführer, will von einer neuerlichen Attacke auf den Bundesparteichef nichts wissen. Das Thema sei eine "gemeinsame Linie seit Jahren", daraus einen Konflikt innerhalb der ÖVP zu konstruieren, sei nur ein Manöver, die Partei zu spalten," sagte Prölls Sprecher Peter Kirchweger.

Die Debatte um die Steuerhoheit der Länder ist nicht neu, sie kocht eruptiv immer wieder hoch. Die ÖVP-Landeshauptleute treten schon seit Jahren tendenziell für eine gewisse Steuerhoheit der Länder ein. Für Spindelegger liege der Vorschlag jetzt jedenfalls auf dem Tisch. Es komme einzig nur noch auf die SPÖ darauf an.

SPÖ ist strikt dagegen

Dort sind aber die Rollos herunten. Mit Ausnahme von Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der sich "gesprächsbereit" zeigt, will die SPÖ beim Status quo bleiben.

Der SPÖ-Bundesparteichef will sich erst gar nicht dazu äußern, Kanzler Werner Faymann verweist auf Klubchef Andreas Schieder. Dieser hält absolut nichts von der Sache. "Die Diskussion ist ja ein alter Hut. Die europäische Diskussion geht in eine ganz andere Richtung, nämlich in Richtung Harmonisierung. Es bestünde ja auch die Gefahr des Steuerdumpings nach unten, Ländersteuern wären sozial- und steuerpolitisch ganz einfach falsch. Das kann man nur ablehnen. Ich halte das Ganze nur für eine Gepoltere von Landeshauptleuten", sagte Schieder im Gespräch mit dem Standard.

Und auch SPÖ-Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl lässt kein gutes Haar an den ÖVP-Vorschlägen. "Österreich ist zu klein für neun verschiedene Steuergesetze. Länder, die noch Aufholbedarf haben, könnten unter die Räder kommen. Aber wenn es einen gemeinsamen Vorschlag der Bundesländer gibt, werden wir ihn natürlich diskutieren", hieß es im Büro der Staatssekretärin auf Standard-Anfrage.

Breiten Zuspruch bekommen die ÖVP-Landeshauptleute hingegen von der Opposition. Grüne, FPÖ, Neos und das Team Stronach begrüßen die Initiative der schwarzen Landeschefs.

Für eine "föderale Steuerautonomie" plädiert auch der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria und verweist auf das Beispiel Schweiz. Dort schreibe der Bund eine einheitliche Einkommensteuer vor, zusätzliche Einkommensteuern würden von Kantonen und Gemeinden erhoben. Schwache Regionen hätten mit niedrigen Steuern Unternehmen angezogen.

"Wie das Beispiel Schweiz zeigt, kommt gelebter Föderalismus mit Einnahmen- und Ausgabenverantwortung die Bürger deutlich günstiger als die zentralstaatliche Planung. Österreich hat die Chance, dieses System schrittweise zu importieren und den Ländern und Gemeinden mehr steuerliche Eigenverantwortung einzuräumen", so die Einschätzung der Agenda Austria. (Walter Müller, DER STANDARD, 8.2.2014)