"KBA Mödling. Grüß Gott. Hier wird gestreikt." In der Portiersloge wird eifrig telefoniert, sonst steht am Gelände des Druckmaschinenhersteller KBA alles still. Seit Donnerstag wird gestreikt. Die 750 Mitarbeiter legten die Arbeit nieder, sie protestieren gegen die Sparpläne der deutschen Konzernmutter. 460 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden.

In Maria Enzersdorf, dem größeren der beiden Standorte neben Ternitz, versteht man die Welt nicht mehr. Die Zäune, die Werkshallen, Parkplatz und Straße voneinander trennen, sind mit Transparenten vollgehängt. "Mutter - lass uns leben!", steht auf einem einfachen weißen Banner in schwarzen Lettern. Die Botschaft fasst zusammen, was die Belegschaft hier denkt: Die geplanten Stellenkürzungen seien der Anfang vom Ende, "eine Schließung auf Etappen".


In Maria Enzersdorf zieren Transparente die Zäune. In den Werkshallen steht alles still. (Foto: Regine Hendrich)

In maximal zwei Jahren werde es am Standort Maria Enzersdorf keine einzigen Mitarbeiter mehr geben, ist sich KBA-Betriebsratsvorsitzender Manfred Prokop sicher. Die Enttäuschung ist groß. Der Betriebsrat hat vor 31 Jahren als Lehrling bei KBA Mödling angefangen. Er kommt ins Schwärmen, das Unternehmen sei früher ein sozialer Musterbetrieb gewesen. Vorne an der Straße, bei der Einfahrt zum Werksgelände, steht noch das Haus, in dem das Lehrlingswohnheim untergebracht war. "Es ist darauf geachtet worden, dass die Lehrlinge auch im Betrieb bleiben, damit das Know-how im Haus bleibt." Mit dem heutigen Zustand könne man die Vergangenheit nicht vergleichen: "Das ist wie Tag und Nacht." 

Seit 116 Jahren kommen Druckmaschinen aus Niederösterreich. Die KBA-Tochter erwirtschaftete 2012 einen Umsatz von 166 Millionen und schrieb einen Gewinn von 4,8 Millionen Euro, im Jahr davor waren es noch 9,3 Millionen. Die Zeitungskrise beschert der Konzernmutter Koenig & Bauer seit Jahren Umsatzeinbrüche, weniger Zeitungen heißt auch weniger Druckmaschinen.


Von links: Betriebratsvorsitzender Manfred Prokop und die Betriebsräte Franz Streindl und Gerald Kolinsky sprechen mit derStandard.at über die Situation bei KBA Mödling. (Foto: Regine Hendrich)

Die im Raum stehenden Kündigungen setzen den Mitarbeitern in Maria Enzersdorf zu. Sie ärgern sich darüber, dass sie vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Sämtliche Vorschläge seien abgeschmettert worden, so Prokop. Nun hat man die Verhandlungsziele durch Streikziele ersetzt: So viele Arbeitsplätze wie möglich sollen erhalten bleiben, Sozialpläne für die Gekündigten erarbeitet werden. Als wichtigstes Ziel will man eine Aussicht darauf, dass es auch in Zukunft ein wirtschaftliches Überleben für den Standort gibt. An Letzterem zweifelt man in Maria Enzersdorf laut.

Für zusätzliche Verunsicherung sorgt ein Brief der Geschäftsführung. Darin wird den Streikenden mit Entlassung gedroht und damit, dass sie für Schäden durch Liefer- oder Produktionsausfälle mit ihrem Vermögen haften. Betriebsrat Prokop ist überzeugt, dieses Schreiben habe die Mitarbeiter erst recht auf die Palme gebracht. Der Streikbeschluss sei einstimmig gefallen.

Die KBA-Mitarbeiter fürchten um den Standort und damit um alle ihre Arbeitsplätze. (Foto: Regine Hendrich)

Koenig & Bauer weist darauf hin, dass es sich bei dem Brief der Geschäftsführung um ein reines Informationsschreiben handle, es sollte keine Drohung sein.

Bei der Konzernmutter hofft man nun auf Gespräche nächste Woche. Die von den Belegschaftsvertretern eingebrachten Alternativvorschläge seien nicht durchführbar, die Pläne wären auf Kosten anderer Werke der Gruppe gegangen, sagt Pressesprecher Klaus Schmidt. "Wir brauchen einen Plan für den gesamten Konzern, nicht nur für Mödling." Dem Streik steht das Unternehmen naturgemäß ablehnend gegenüber.

Üblicherweise arbeiten die Mödlinger Druckmaschinenhersteller in zwei Schichten, von 6 bis 14 und von 14 bis 22 Uhr. Für den Streik wurden die Schichten zusammengelegt. An diesem Freitag gehen die KBA-Mitarbeiter mit Aussicht auf eine ungewisse Zukunft nach Hause. (Daniela Rom, derStandard.at, 7.2.2014)