Liebesszenen mit ungewöhnlichem Titel: "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas" am Landestheater Linz (Barbara Novotny). 

Foto: Patrick Pfeiffer

Linz - "Wie war unsere Liebe?", fragt "Die Frau", die das Gedächtnis verloren hat. "Der Mann", der jeden Tag die gleichen Fragen beantworten muss: "Unsere Liebe? Die war groß. Wie die Wiedervereinigung der beiden Koreas." Szenen wie diese - absurd, ein bisschen traurig, komisch und vor allem real - hängt Joël Pommerat aneinander wie eine Kette aus alltäglichen Ereignissen zum Thema Liebe: käufliche, unerfüllte, verlorene, freundschaftliche, erotische, tief empfundene Liebe. Zwei Stunden lang bricht eine Episode nach der anderen das kurze, völlige Dunkel der Bühne. Für diese wenigen Sekunden zwischen den Szenen skizziert Wolfgang Fadi Dorninger musikalische Pausenfüller.

Gerhard Willert inszeniert diese deutschsprachige Erstaufführung des französischen Stücks, um das sich auch das Schauspiel Frankfurt bemüht hatte, fein, unaufgeregt. Der Aufführungsort - die wandelbare Blackbox im Musiktheater - kommt dem zugute.

Schnitzler, Bergman

Die Zuschauertribünen sind gegenüberliegend ausgerichtet, in der Mitte spielen die neun Schauspieler, Barbara Novotny schlüpft zusätzlich zu ihren Sprechrollen in eine Gesangsrolle. Und die steht ihr außerordentlich gut. Die 18 Szenen sind intelligent, kurzweilig und nicht übertrieben mit Paar-Psychologie oder Geschlechterkampf aufgemotzt. Vergleiche drängen sich auf - Arthur Schnitzlers Reigen, Ingmar Bergman oder Wong Kar-Wai. Und dabei haben die Szenen etwas zutiefst Französisches. Es findet sich eine Nonchalance und Selbstverständlichkeit in den Dialogen, eine elegante Unaufgeregtheit, mit der selbst absurdeste Situationen bewältigt werden:

Ein kinderloses Paar (Jenny Weichert, Klaus Köhler), das ein Kindermädchen (Katharina Wawrik) beschäftigt, um sich der Vorstellung hinzugeben, man hätte Kinder gehabt, die entführt worden seien - "Wir haben sonst nichts, worüber wir sprechen können." Ein Paar, das am Tisch sitzt, bis der Exmann nach Hause kommt - nach zehn Jahren und mit dem eigenen Schlüssel, um sich endlich zu verabschieden - eine der schönsten Szenen übrigens. Absolut sehenswert. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 8./9.2.2014)