Russen lieben Kosenamen. Sie drücken Freundschaft und Vertrautheit aus. So wird aus Wladimir Wolodja, aus Andrej Andrjuscha oder aus Michael Mischa.

Aus Michael McFaul wird kein Mischa mehr. Für den US-Botschafter ist nach zwei Jahren Schluss. Es zieht ihn aus dem kalten Moskau ins warme Kalifornien, zurück zu Frau und Kind, wie er betont. Der Abgang des schillernden Diplomaten wirft ein Licht auf die amerikanisch-russischen Beziehungen.

"Relaunch" hieß das Zauberwort, das während der Präsidentschaft Dmitri Medwedews für eine Entkrampfung des Verhältnisses zwischen Washington und Moskau sorgen sollte. McFaul, der Stanford-Professor für Politologie, war einer der geistigen Väter der Idee. Doch über einen symbolischen Knopfdruck ging dieser Relaunch nie hinaus. Schon McFauls Amtsantritt in Moskau Ende 2011 wurde von diplomatischen Schwierigkeiten überschattet. In Moskau wurde er nach einem Interview, in dem er sich selbst als "Spezialisten für Demokratie, Anti-Diktatur-Bewegungen und Revolutionen" bezeichnet hatte, mit offenem Misstrauen empfangen.

Seine offene Sympathie für die Opposition und sein Engagement für die Zivilgesellschaft ließen ihn schnell zur Zielscheibe als vermeintlicher Fädenzieher der Proteste werden, die der umstrittenen Dumawahl Ende 2011 folgten. "Ich kann mit Sicherheit sagen, dass einige Leute in Russland die antiamerikanische Stimmung nutzen wollten, um die Opposition zu diskreditieren", sagt der 50-Jährige heute. Diese Vorurteile nicht abbauen zu können sei eine seiner größten Niederlagen auf dem Posten gewesen, räumt er zugleich ein.

An den immer größer werdenden Verständigungsproblemen zwischen Washington und Moskau konnte auch der studierte Slawist nichts ändern. In seine Amtszeit fallen der Magnitsky Act des US-Kongresses und das dagegen gerichtete Verbot für US-Bürger, russische Kinder zu adoptieren, sowie die Verschärfung des NGO-Gesetzes in Russland, demonstrativ abgesagte Treffen zwischen Barack Obama und Wladimir Putin und eine der läppischsten Spionageaffären der amerikanisch-russischen Geschichte.

Nach Olympia in Sotschi nimmt McFaul seinen Abschied. Dem Vernehmen nach soll Obama versucht haben, ihn zum Bleiben zu bewegen. Das russische Außenamt hingegen reagierte kühl: "Machen Sie es gut, Michail", twitterte die Behörde. (André Ballin, DER STANDARD, 7.2.2014)