Dennis Aabo Sörensen mit dem Prototyp der Prothese.

Foto: Lifehand 2 / Patrizia Tocci

Lausanne/Pisa - Bionischer Fortschritt: Einem internationalen Forscherteam ist erstmals die Entwicklung einer Handprothese gelungen, die sensorische Wahrnehmung in Echtzeit ermöglicht. Wie die Wissenschafter aktuell im Fachblatt "Science Translational Medicine" berichten, ist der Däne Dennis Aabo Sörensen nach einer erfolgreichen Operation der erste Mensch, der mit Hilfe einer solchen Prothese ohne Zeitverzögerung etwas spüren kann.

"Die sensorische Rückmeldung ist unglaublich", berichtet Sörensen, der vor  neun Jahren seine linke Hand bei einem Unfall mit Feuerwerkskörpern verloren hatte, über die Versuche mit dem Prototyp der Prothese. Die Forscher hatten dem Patienten vier Elektroden in den Oberarm implantiert und mit Nervensträngen verbunden. Ansatzpunkte waren der Mittelarmnerv (Nervus medianus), der Empfindungen von Daumen und Zeigefinger an das Gehirn leitet, und der Ellennerv (Nervus ulnaris), der die Signale für den kleinen Finger leitet. Eine Software übersetzt die elektrischen Signale der Drucksensoren in Impulse, die die Nerven weiterleiten können.

Form und Beschaffenheit wahrnehmbar

"Wenn ich ein Objekt gehalten habe, konnte ich fühlen, ob es weich oder hart, rund oder eckig war", so Sörensen. Wie bei anderen fortgeschrittenen Prothesen steuern die Muskelbewegungen des Unterarms die künstliche Hand. Neu ist aber die Rückkoppelung der Impulse, über die der Prothesenträger sofort merkt, ob er zu fest zudrückt oder welche Form und Beschaffenheit der Gegenstand in der Hand aufweist.

Die Forscher waren zunächst unsicher, ob der Versuch gelingen würde: "Wir befürchteten, dass die Empfindlichkeit der Nerven des Patienten nachgelassen haben könnte, weil er sie seit mehr als neun Jahren nicht benutzt hatte", sagt Stanisa Raspopovic von einer italienischen Hochschule in Pisa (Scuola Superiore Sant'Anna). Die Ergebnisse von über 700 Versuchen, die mit Sörensen durchgeführt wurden, sprechen aber für sich: Akustisch und visuell abgeschirmt musste er Gegenstände greifen und erkennen. Es zeigte sich, dass er die Prothese viel genauer bewegen konnte, wenn seine Wahrnehmung auf die Signale der Prothese beschränkt war.

Die Wissenschafter wollen ihr Verfahren nun weiter testen und den elektronischen Stimulationsapparat verkleinern. Bis zur kommerziellen Verfügbarkeit der Prothese werde es noch einige Jahre dauern, hieß es. (APA, 5.2.2014)