Graz - Nach dem Bekanntwerden von neuerlichen Missbrauchsvorwürfen in einer Grazer Jugend-WG hat sich am Mittwoch eine politische Debatte über den Rückzug der Stadt aus diesem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe entsponnen. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und seine Stellvertreterin Sozialstadträtin Martina Schröck (SPÖ) haben diesen Schritt angekündigt, was von Grünen und KPÖ kritisiert wurde.

Stadträtin Lisa Rücker (Grüne) griff Regierungskollegin Schröck an, indem sie in einer Aussendung meinte, "das Skandalöse an diesem Vorfall ist der Umgang der verantwortlichen Vizebürgermeisterin und der zuständigen Amtsleitung mit den schon lange bekannten Problemen in den Jugendeinrichtungen." Immer wieder sei auf Ressourcenprobleme hingewiesen worden, doch offenbar sei darauf nie angemessen reagiert worden. Die Einrichtungen jetzt anderen Institutionen übertragen zu wollen, sei keine Lösung des Problems, sondern ein Aufgeben der politischen Verantwortung: "In diesem Fall geht das auf Kosten der Schwächsten, nämlich der Kinder und Jugendlichen." Die Grünen verlangten die Einberufung eines Sonderausschusses.

Ausgliederung löse Problem nicht

Die KPÖ warnte in einer Stellungnahme vor voreiligen Schlüssen und meinte ebenfalls, dass eine Ausgliederung das Problem nicht löse und man deshalb dagegen sei.

Seitens der Stadt hatte man nach Missbrauchsfällen des Vorjahres Änderungen vorgenommen, die betroffene Wohngemeinschaft in einem Pilotprojekt einem caritativen Träger überantwortet und im Zuge einer Evaluierung über den Total-Ausstieg nachgedacht. "Die jüngsten Vorfälle haben das Nachdenken ein bisschen beschleunigt", sagte Vasiliki Argyropoulos vom Jugendamt. Nun sollen die noch vorhandenen drei Wohngemeinschaften, in denen 20 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren von 26 Pädagogen und Wirtschaftskräften betreut werden. Das Land müsse den Bedarf feststellen und die Trägerschaft ausschreiben, weshalb die Übertragung erst in etwa eineinhalb Jahren abgeschlossen sein werde, so die Sprecherin.

Den Vorwürfen begegnet Agyropoulos mit dem Hinweis, dass es sich nicht um ein Kerngeschäft der Kommune handle und dass private Betreiber vermutlich in der Lage wären, flexibler zu reagieren, wenngleich derartige Übergriffe leider nirgends völlig auszuschließen wären. (APA, 5.2.2014)