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Vielfältig und artenreich hat sich der Mensch die Welt im Trias vorgestellt - vor der Umweltkatastrophe.

Foto: REUTERS/HO/Doug Henderson

Als Auslöser für das Massensterben gelten starke vulkanische Aktivität, ein schwankender Meeresspiegel sowie Störungen im ozeanischen Stoffhaushalt. "Man nimmt nicht an, dass nur ein einziger Faktor maßgeblich war", sagt der Paläontologe Wolfgang Mette von der Universität Innsbruck. Ein rasch fallender Meerespegel hätte in einigen Regionen die Korallenriffe trockenlegen und absterben lassen können, während vulkanische Ausdünstungen in Form von CO2 oder Schwefeldioxid möglicherweise Klimaveränderungen und eine Versäuerung der Ozeane bewirkten.

Reger Vulkanismus entstand bei der einsetzenden Aufspaltung des Urkontinents Pangea. Genau zu jenem Zeitpunkt riss die Landmasse in ihrer Mitte auf, gewaltige Mengen Magma quollen an die Erdoberfläche. Niemand weiß genau, wie lange diese Eruptionen andauerten, doch es sind wohl mindestens 300.000 Jahre gewesen. Weil dabei große Mengen von Gasen freigesetzt wurden, könnte dies ein globales Umweltdesaster ausgelöst haben. Aber wie ließe sich ein solches heute noch nachweisen?

Der Eiberg-Steinbruch wenige Kilometer südlich von Kufstein in Tirol ist ein wichtiger Ort für die Spurensuche. Hier am Rande der nördlichen Kalkalpen steht Sedimentgestein der sogenannten Kössen-Formation an. Die Ablagerungen entstanden im Bodenbereich einer langgestreckten Meeresbucht. Das Gewässer befand sich an der Nordküste des urzeitlichen Tethys-Ozeans und war mindestens 200 Kilometer lang, 40 Kilometer breit und etwa 200 Meter tief. Interessanterweise scheint das Eiberg-Becken nur einen begrenzten Wasseraustausch mit der offenen Tethys gehabt zu haben - ähnlich wie die Ostsee heute. Der Salzgehalt war allerdings nicht verringert. Durch das damals warme und trockene Klima in der Region gab es nur wenig einströmendes Süßwasser. In den Sedimenten finden sich dementsprechend auch keine Hinweise auf einmündende Flüsse.

Fenster in die Vergangenheit

Wolfgang Mette und seinen Kollegen dient die Kössen-Formation als Fenster in die Vergangenheit. Die Sedimente wurden über einen Zeitraum von ungefähr 4,5 Millionen Jahren abgelagert, just bis zum Ende des Trias-Zeitalters. Fachleute haben diese Periode mit dem Namen "Rhät" getauft. Viele Gesteinsschichten aus dem Eiberg-Becken sind reich an Fossilien, und sie wiederum ermöglichen Rückschlüsse auf die zu den jeweiligen Zeiten herrschenden Umweltbedingungen. Ein prähistorisches Archiv sozusagen. Das Ökosystem der Bucht hatte große Ähnlichkeit mit anderen tropischen Küstengewässern der Tethys. Es gab Korallenriffe und eine artenreiche Flachwasserfauna. Am Boden lebten diverse Muschelspezies sowie verschiedene Brachiopoden. Diese auch als Armfüßer bekannten Tiere können äußerlich leicht mit Muscheln verwechselt werden, gehören aber einer ganz anderen stammesgeschichtlichen Gruppe an.

Es sind allerdings nicht nur die größeren Fossilien für Forscher interessant. Wie anderswo auf der Welt auch bestehen die Kalksedimente im Eiberg-Becken größtenteils aus den Gehäusen von Einzellern wie Foraminiferen und Kalkalgen. Die derzeit an der Universität Innsbruck tätige Wissenschafterin Marie-Emilie Clémence hat solche Überreste von Kleinstlebewesen und Gesteinsproben aus der Kössen-Formation gemeinsam mit französischen und schweizerischen Fachleuten untersucht und dabei Hinweise auf deutliche Veränderungen in der marinen Mikrofauna und -flora am Ende der Rhät-Periode gefunden.

Die kalkproduzierenden Formen nahmen stark ab, was sowohl infolge von stark sinkenden Wassertemperaturen als auch durch eine Versäuerung des Meerwassers geschehen sein kann (vgl.: "Swiss Journal of Geosciences", Bd. 103, S. 293). Der Fingerabdruck einer globalen Katastrophe?

Mehrere Umweltkrisen

Das Sterben kündigte sich möglicherweise an. Neueste geochemische Untersuchungen deuten darauf hin, dass es bereits vor dem Ende des Rhäts zu Umweltkrisen kam. Eine von Wolfgang Mette, Armin Elsler und Christoph Korte durchgeführte Studie konnte eine solche aber nicht eindeutig nachweisen. Das Team analysierte die Konzentrationen des Sauerstoffisotops 18O im Gestein aus unterschiedlichen Schichten der Eiberg-Sedimente und in den darin vorhandenen Schalen von Brachiopoden.

Die Überreste der Tiere haben ihre chemische Zusammensetzung im Laufe der Jahrmillionen nicht verändert. "Das ist ein sehr stabiler, magnesiumarmer Kalzit", sagt Mette. Zugleich untersuchten die Experten Veränderungen in der Artenvielfalt von Ostracoden, Muschelkrebsen, deren winzige Schalen ebenfalls zahlreich in der Kössen-Formation zu finden sind.

Der Befund der drei Forscher deutet lediglich auf eine relativ geringe und langsame Steigung des Meeresspiegels hin - nur wenige Dutzend Meter. Den Sauerstoffisotopmesswerten zufolge sank die durchschnittliche Temperatur des bodennahen Wassers im Eiberg-Becken während des späteren Rhäts um circa 2,5 Grad Celsius. Je tiefer, desto kälter das Wasser, und umso mehr vom Sauerstoffisotop 18O wird in Kalkmineralien eingebaut. Ein bekanntes physikalisches Phänomen. Auch die Ostracoden-Fossilien deuten auf einen steigenden Pegel hin (vgl.: "Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology", Bd. 350-352, S. 62).

Analyse der Fossilien

Um den möglichen Ursachen des urzeitlichen Artenschwunds weiter nachzuspüren, haben die Innsbrucker Wissenschafter mit finanzieller Unterstützung durch den Wissenschaftsfonds FWF ein neues Projekt gestartet. Die chemische Analyse bestimmter Nannofossilien, der sogenannten Coccolithen, soll aufzeigen, ob und wann eine Übersäuerung des Meerwassers und eventuell auch Sauerstoffmangel einsetzte. "Ein ziemlich aktuelles Thema", meint Wolfgang Mette. Schließlich drohen auch heute die Ozeane durch steigende CO2-Konzentrationen zu versauern. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 5.2.2014)