Ich hör' es nur so von der Seite: "Vielleicht kauf' ich ihm in Zukunft Hüte und Kapperl, falls seine Haare weiter so ausgehen." Keine Ahnung, über wen meine Frau da wieder spricht, und ich kann mich jetzt auch gar nicht darum kümmern, denn der Klaus dreht sich auf einmal her und fragt: "Darf ich bei eurer Bande mitmachen?"

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Wir sitzen zu sechst in einer dieser Kneipen, deren Namen sicherheitshalber einen Apostroph haben, für den Fall, dass Wien doch einmal Chicago wird. Die drei Damen am einen Ende vom Tisch, die Männer am anderen. Also der Gache – einer jener Rennfahrer, der so gut aussieht und so erfolglos Rennen fährt, dass er als Unterhosenmodel ein Vielfaches verdienen würde – egal. Also der Gache und ich sitzen am anderen Ende. Der Klaus sitzt mehr so dazwischen. Zwischen den Stühlen, wenn man so möchte. Denn er wollte unseren hübschen Begleiterinnen zuhören.

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Als die Reißerische aber über die künftige Kopfmode zu sinnieren beginnt und die Hackeln am Tisch endgültig so tief fliegen, dass es besser ist, die Füße zu heben, als sich zu ducken, dreht sich der Klaus zum Gachen und mir. Wir diskutieren Kurven, reden über Kamm'sche Greise, den Punkt, an dem auch der härteste Macho einlenkt. Und jetzt will der Klaus lieber zu unserer Bande gehören.

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"Musst aber erst eine Mutprobe machen", sagt der Gache. Und Klaus rechnet damit, dass wir ihn auf die Mädels hetzen, fürchtet sich aber nicht und sagt ein wenig von oben herab zu. "Eine Eissalon-Runde mit der Honda CTX1300 – fünf Salons, je zwei große Vanillekugeln." Er lacht. 10 Kugeln Eis schaffe er locker. Dann zeigt ihm der Gache auf dem Smartphone ein Bild der CTX1300.

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Der neueste Cruiser von Honda kommt im Bagger-Style daher. Knappes Windschild, dicke Koffer. 200er-Hinterreifen, 130er vorne. Dazu LED-Lichter vorne und hinten. Futuristisches Design trifft auf klassischen Motorradtyp. Das kann spannend sein – muss aber nicht. Wie eben bei der Honda. Die CTX1300 ist das vermutlich hässlichste Bagger-Bike von überhaupt.

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Das versteht auch Klaus sofort und schlägt vor:

  1. Nackt so lange über den Stephansplatz zu laufen, bis zwei Pferde gleichzeitig gewiehert haben.
  2. Im Chelsea – dem Lokal in Wien, wo die Toiletten gleich neben dem Eingang sind – dem mächtigsten Türlsteher 50 Cent in die Hand zu drücken und ihm zu sagen, er soll doch wieder einmal über die Muscheln wischen.
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Auf den ersten Blick mag es ja durchaus logisch sein, dass sich ein geschlechtsreifer Mann nicht auf diesem Motorrad antreffen lassen möchte. Doch nach einem kurzen Moment der Einkehr, versteht man, dass die CTX1300 eine echte Geldanlage ist. Und das obwohl sie nagelneu fast 20.000 Euro kostet. Oder gerade deswegen.

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Denn allzu viele dieser Motorräder wird Honda in Österreich, oder gar Europa, nicht verkaufen. Dann fallen in den nächsten 10 Jahren ein paar Radln dem Straßengraben, der Blicktechnik und dem Übermut zum Opfer – und in 20 Jahren hat man fast sowas wie ein Einzelstück. Ein begehrtes. So wie der Citroen SM. In den 1970ern hätten sie das Auto verschenken können, hätte es keiner mitgenommen – heute bist der Überstar, wenn du so eine Sadomaso-Zitrone hast.

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Nur einen gravierenden Unterschied gibt es dann schon: Der Maserati-Motor im Citroen war ein einziger Krampf. Der V4-Motor in der Honda ist ein Gedicht. Noch dazu eines, das ewig halten wird. Denn die Japaner schöpfen aus dem 1261 Kubikzentimeter großen Motor, den wir schon aus der Pan European kennen, lediglich 84 PS, dafür aber ein Drehmoment von 106 Newtonmeter. Zusammen mit dem 5-Gang-Getriebe und dem Kardan sind mit der CTX so locker 100.000 Kilometer möglich – einige VFR haben das ja schon bewiesen.

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Dazu kredenzt Honda jede Menge Sicherheit und sogar Schnickschnack. Also Combined-ABS und Traktionskontrolle auf der einen Seite, serienmäßig Heizgriffe und ein MP3-Radio, das mit Smartphones kommuniziert und Bluetooth-Helme mag.

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Wie wir Honda kennen, wird die CTX1300 trotz 338 Kilogramm ganz einfach zu fahren sein, galant einlenken, ordentlich bremsen und einen niedrigen Verbrauch haben. Dabei steht das alles im Pflichtenheft eines Bagger-Style-Cruisers erst auf Seite zwei oder drei. Die Honda leidet also allein unter ihrem sonderbaren Äußeren. Aber das reicht, damit Klaus sich wieder vom Gachen und mir abwendet, sich hinüber dreht zu den drei schönsten Frauen des Planeten und sich anhört, wie die Frau, in deren Begleitung der Klaus gekommen ist, zur Reißerischen sagt: "Und wenn du dir einen Jüngeren nimmst? Ich meine, jetzt seids eh schon ein paar Jahre beinand, und bevor es restlos fad wird..." (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 3.2.2013)

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