Die Sensorbox von safe@home soll sekundenschnell erkennen, wenn eine Person gestürzt ist und Hilfe herbeirufen.

Foto: Fraunhofer IPA

Alleinstehende Seniorinnen und Senioren leben riskant: Nach einem Sturz liegen sie oft mehrere Stunden am Boden, bevor ihre missliche Lage entdeckt wird. Ein Sensorsystem soll solche Notsituationen automatisch erkennen und Angehörige, Nachbarn oder Pfleger alarmieren. Entwickelt wurde das System, das Ende 2014 marktreif sein soll, am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Hausnotruf kann nicht immer ausgelöst werden

Der Großteil der älteren Menschen möchte so lange wie möglich in den gewohnten vier Wänden bleiben und selbstbestimmt leben. Doch mit dem Älterwerden steigt das Sturzrisiko. Schätzungen zufolge stürzen von den zu Hause lebenden über 65-Jährigen etwa 30 Prozent mindestens einmal jährlich. Bei den über 80-Jährigen sind es mehr als 40 Prozent. Viele der Unfälle passieren bei der täglichen Hausarbeit. Aber auch nachts verunglücken ältere Menschen, die wackelig auf den Beinen sind, häufig. Oft dauert es Stunden, bis den Betroffenen geholfen wird. Einen Hausnotruf, auch Funkfinger genannt, können sie nicht immer auslösen – weil sie das Gerät nicht bei sich tragen, bewusstlos oder verletzt sind. Im Boden eingebaute Sensoren erkennen zwar Notfälle, sie lassen sich jedoch nur mit einem hohen baulichen und finanziellen Aufwand installieren.

Leichte Installation der Sensorbox

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung hat daher nach einer Lösung gesucht, die Notlagen automatisch erkennt und sich preiswert in jede Wohnung integrieren ließe, ohne den Bewohner in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Das Ergebnis: safe@home. Sensorboxen, die ähnlich wie Rauchmelder an der Decke installiert werden, registrieren wenn eine Person stürzt oder Hilfe benötigt. Erkennt eine Box eine Notfallsituation, so informiert sie die Alarmeinheit in der Wohnung, die CareBox. Diese ruft unverzüglich Helfer herbei - per Telefon, Handy oder Internet.

Fehlalarm lässt sich ausschließen

Das System arbeitet mit optischen und akustischen Hochleistungssensoren, die Position und Lage einer Person sowie ihre Bewegungen innerhalb eines Raums ermitteln. Anhand dieser Werte erkennt die Technologie binnen Sekunden Stürze und identifiziert Reglosigkeit, wenn es über einen bestimmten Zeitraum keine Bewegungen mehr feststellt. Auch auf Hilferufe reagiert das System. "Um einen Fehlalarm auszuschließen, wird der Bewohner zunächst von der CareBox angerufen. Eine Computerstimme fragt ihn nach seinem Befinden. Indem er er antwortet, löscht er den Alarm. Nimmt er den Anruf nicht entgegen, identifiziert safe@home den Notruf als solchen", erläutert Marius Pflüger, Wissenschafter am IPA in Stuttgart. In diesem Fall werden Angehörige, Nachbarn oder Pflegekräfte informiert.

Schutz der Privatsphäre

Die Sensorboxen sind etwa so groß wie eine Pralinenschachtel. Akkuwechsel oder das Aktivieren von Hardware ist Pflüger zufolge nicht erforderlich. Auch die Privatsphäre würde gewahrt, da die Daten direkt im Sensor ausgewertet und somit weder gespeichert noch übertragen würden müssten.

Mit den Projektpartnern BruderhausDiakonie in Reutlingen sowie Vitacom und Sikom werden Prototypen der Notfallerkennung in sechs Wohnungen in betreuten Analagen im 24-Stundenbetrieb auf ihre Praxistauglichkeit geprüft. Bisher würden die Probanden das System positiv annehmen und die Sensorboxen nicht als störend empfinden, sagt Pflüger. Safer@home soll Ende 2014 marktreif sein. Der Wissenschafter und sein Team gegen von einer hohen Nachfrage aus. Bereits heute leben mehr als 5,4 Millionen Menschen in Deutschland im Alter über 60 Jahre in Singlehaushalten, bis 2030 werden 33 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. In Österreich sind derzeit 18 Prozent der hier lebenden Menschen älter als 65. 2030 sollen es laut Statistik Austria ein Viertel der Bevölkerung sein. (red, derStandard.at, 3.2.2014)