Zürich - Bis vor wenigen Jahren herrschte die Lehrmeinung, dass Hepatitis C (HCV) so gut wie ausschließlich über Blut übertragen wird, also primär durch Bluttransfusionen beziehungsweise den Austausch von Drogenspritzen. Doch dann entdeckten Wissenschaftler, dass nicht nur intravenös Drogen konsumierende sondern auch immer mehr homosexuelle HIV-Patienten an Hepatitis C erkrankten.

Das Team um Roger Kouyos und Huldrych Günthard vom Universitätsspital Zürich ist nun der Frage nachgegangen, ob dieser Anstieg auf sexuelle Übertragungen zurückzuführen ist. Sie verglichen den molekularen Aufbau der HI-Viren von fast 10.000 Patienten der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie in anonymisierter Form. Passen die Erbgutsequenzen der Viren von zwei Patienten zusammen, muss der eine sich höchstwahrscheinlich beim anderen angesteckt haben. Die Forschenden bildeten auf diese Weise über 1500 Patienten-Paare, bei denen zusätzlich bekannt war, ob sie auch mit Hepatitis C infiziert waren.

Dreifach erhöhtes Risiko

Es zeigte sich, dass HIV-Patienten mit einem HIV/HCV-positiven Partner ein zwei bis drei Mal so hohes Risiko haben, mit Hepatitis C infiziert zu sein als andere HIV-Positive. Das erhöhte Risiko war nicht nur bei drogenabhängigen, sondern auch bei homosexuellen und bei heterosexuellen HIV-Patienten zu beobachten. "Das ist ein Hinweis darauf, dass es sexuelle Übertragungen von Hepatitis C gibt", sagt Kouyos, Erstautor der kürzlich erschienenen Studie.

Die Erkenntnisse sind wichtig für die Prävention. "HIV-positive Menschen mit Hepatitis C sollten keinen ungeschützten Sex haben", sagt Günthard, Präsident der HIV-Kohortenstudie. Vor allem homosexuelle Menschen scheinen gefährdet zu sein. Weshalb, ist laut den Forschern noch nicht klar. Möglicherweise hängt das Übertragungsrisiko aber mit den Sexualpraktiken zusammen. "Eine mögliche Erklärung ist, dass es bei Analverkehr vermehrt zu Blutaustausch zwischen den Geschlechtspartnern kommt", sagt Günthard.

Erst Jahre später ernste Folgen

Bislang offen ist auch die Frage, ob Hepatitis-C-Infektionen auch bei Nicht-HIV-Patienten ansteigen. Vier von fünf HCV-Fällen verlaufen in den Wochen und Monaten nach der Ansteckung symptomlos. Erst Jahre später treten sichtbare, ernste Folgen auf: Bis zur Hälfte der Infizierten entwickelt eine Leberzirrhose. Hier zeige sich der Wert einer Kohortenstudie, bei der Patienten über Jahre immer wieder untersucht werden, so Günthard. "Nur weil wir bei den Patienten in der HIV-Kohortenstudie regelmäßig Bluttests und Screenings durchführen, erkennen wir auch Hepatitis-C-Infektionen schon im frühen Stadium." (red, derStandard.at, 3.2.2014)