Wie Omi schon immer sagte: Von widerlichen Typen wendet man sich am besten ab.

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Bekanntlich kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Gleichwohl, der Wunsch nach einem einigermaßen auskömmlichen Miteinander bleibt dennoch. Wie lässt er sich allen Widrigkeiten zum Trotz erfüllen? Das ist die Frage, die Bernardo Stamateas in Toxische Typen aufgreift und - wie sich nach der Lektüre des Buches herausstellt - sicher für viele auf unerwartete Weise beantwortet. Denn als das eigentliche Problem im Umgang mit toxischen Typen entlarvt Stamateas die Unentschlossenheit und Unüberlegtheit der persönlichen Verhaltensweisen.

Also: Wie schaffen es vom Naturell her friedliche und friedliebende Menschen, mit Typen umzugehen, die weder die eine noch die andere Eigenschaft vorzuweisen haben? Die sich kurz und gar nicht gut auf unterschiedlichste Art und Weise störend und leider häufig auch definitiv zerstörerisch aufführen.

Die Typenfrage

Stamateas nimmt einige dieser Gestalten näher unter die Lupe: die ständigen Schuldzuweiser, ewigen Abqualifizierer, gemeinen Heuchler, Verbalrowdys, Klatschmäuler, Neidhammel, notorischen Jammerlappen. Und, sozusagen als die absoluten Teufel unter den Fieslingen, die Psychopathen. Hier wäre vielleicht auch der Hinweis auf die Soziopathen angebracht gewesen, die die amerikanische Psychologin Martha Stout in ihrem Buch Der Soziopath von nebenan - Die Skrupellosen: ihre Lügen, Taktiken und Tricks (Springer-Verlag, Wien) so erhellend beschreibt. Und vor denen sie zu Recht in deutlichen Tönen warnt.

Doch ob Psychopath oder (die hierzulande inzwischen weniger gebräuchliche Bezeichnung) Soziopath, die eine wie die andere menschliche Ausprägung absolut negativer Verhaltensweisen ist im Kontakt brandgefährlich. Nicht nur, weil insbesondere diese beiden ein besonders gestörtes Verhalten in den Beziehungen zu anderen Menschen aufweisen und deren Interessen skrupellos übergehen. Die eigentliche Schwierigkeit im Umgang mit diesen nach heutiger Sichtweise hochgradig Verhaltensgestörten liegt in der Tatsache, dass sie vielfach sozusagen "under cover" daherkommen. Mit Charme, Freundlichkeit, vorgegaukelter Empathie oder auch Hilfsbedürftigkeit verschleiern sie, dass sich hinter diesen Masken Menschen unangenehmsten Naturells verbergen, um die am besten ein großer Bogen gemacht wird.

Keine Hoffnung auf Heilung

Am Beispiel all dieser in unterschiedlicher Ausprägung unbekömmlichen Charaktere erläutert Stamateas Verhaltensstrategien, die es möglich machen, den von ihnen ausgehenden Belastungsdruck abzumildern. Wohlgemerkt: abzumildern. Denn wer das Buch nicht nur auf der verständlichen Suche nach selbstschützenden Rezepten liest, sondern auch ein Auge für das Grundsätzliche dieser zwischenmenschlichen Problematik hat, wird nolens volens zu der Einsicht kommen: Die Hoffnung, aus notorisch Unangenehmen dank eigener Anstrengungen umgängliche(re) Zeitgenossen zu machen, ist eine außerordentlich trügerische.

Schlimmer noch, sie führt gemäß des schönen alten Sprichworts "Hoffen und Harren macht manchen zum Narren" direkten Wegs immer tiefer in die Verstrickungen mit Herrn oder Frau Unausstehlich. Also: Nicht in deren Sog ziehen zu lassen. Und dazu muss das persönliche Reibungsverhalten verändert werden.

Am besten klar abgrenzen

Und das bedeutet nichts anderes, als sich geradezu einzupauken: Je mehr ich mich aus dem verständlichen Wunsch nach zwischenmenschlichem Frieden heraus um ein auskömmliches Miteinander bemühe, desto mehr gehe ich den toxischen Typen auf den Leim. Es gibt also nur ein einigermaßen Ruhe schaffendes Umgangsverhalten: klare Abgrenzung, kein Einlassen auf irgendwas, strikte Besinnung auf die eigenen Interessen. Eine tief aus der griechisch-römischen Antike stammende Erkenntnis fasst das vielleicht am besten in Worte: Si vis pacem, para bellum - Wenn du den Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor.

Natürlich geht es hier nicht um Hauen, Stechen und Schießen. Diese "Kriegs"vorbereitungen zielen auf etwas viel Subtileres: Auf die Abwehr" waffen" die vor allem in den eigenen Reaktionsweisen liegen. Stamateas sagt es so: "Konzentrieren Sie sich nicht auf Menschen, richten Sie sich auf Ihre Ziele aus. Bleiben Sie nicht stehen, um Bewertungen vorzunehmen, und versuchen Sie gar nicht erst, andere (= die toxischen Typen) zu verstehen. Ihr Ziel besteht nicht darin, die Haltungen anderer zu begreifen und zu rechtfertigen, sondern Ihr eigenes Handeln so zu analysieren, dass Sie Ihren Blick schärfen und weiter auf Ihr Ziele zugehen können."

Eigene Emotionen schützen

Sein Rat zum Umgang mit der ganzen Bandbreite der nur auf sich selber Bezogenen: "Sehen Sie davon ab, sie ändern zu wollen, denn es ändert sich nur der, der das selber will; Ihre beste Option besteht darin, den Kontakt mit solchen Leuten auf das Nötigste zu beschränken und so Ihr Selbstwertgefühl und Ihre Emotionen zu schützen." Und weiter: "Gegenüber toxischen Typen sollten Sie weder wütend noch bitter werden. Seien Sie klug und intelligent: Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen. Wenn Sie wütend werden, geraten Sie nur in Streit, und in jeder Schlacht gibt es Verletzte. Suchen Sie nach dem Positiven. Lernen Sie von denen, wie man es nicht machen sollte, und wenden Sie die Situation zu Ihren Gunsten. Auf diese Weise können Sie lernen, sich von den toxischen Typen zu befreien, und von da an eine intelligente Sicht auf Ihre Beziehungen entwickeln."

Als erfahrener Psychologe weiß Stamateas natürlich um die emotionale Herausforderung, die in diesen Ratschlägen steckt. Und so gibt er aus diesem Wissen heraus zu bedenken: "Häufig werden Grenzziehungen von anderen als unfreundliche Haltung aufgefasst; sie helfen uns jedoch, zahlreiche ungute Erfahrungen zu vermeiden (...) In Ihren persönlichen Beziehungen gesunde Grenzen zu ziehen erspart Ihnen nicht nur allerlei Ärger, es gibt Ihnen auch die Freiheit, die Sie brauchen, um Entscheidungen zu treffen, die Sie Ihren Träumen immer näher bringen."

Soll heißen: Grenzen ziehen, die Sie nicht davon abhalten, Ihren Weg und Ihre Ziele zu verfolgen. Und zwar ohne irgendein schlechtes Gewissen. Denn es ist unschön, aber wahr und auf der Tagesordnung: Beruflich wie privat, nicht gerade wenige Menschen gehen wie auch immer geartete Bindungen oder Beziehungen nur aus dem Grund ein, um einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen. Für sie spielt es keine Rolle, welche Schäden immaterieller oder auch materieller Natur das bei den anderen Beteiligten auslöst.

Und so lautet denn die Kernbotschaft dieses aufschlussreichen Buches: Es kommt darauf an, zu erkennen: Nicht die toxischen Typen welcher Provenienz auch immer sind es, die ihre Mitmenschen in deren Potenzial, deren Wollen und Wünschen einschränken. Es sind die Genervten selber, die sich mit ihrem unreflektierten und demzufolge den sich stellenden Situationen unangemessenen Verhalten einschränken lassen. (Hartmut Volk, DER STANDARD, 1./2. 2. 2014)