"Bis die da bei uns oben sind!" - Anrainer fürchten verzögerte Einsätze. Die Polizei will beruhigen.

(Ursprünglich: "Bisch di mal bei uns oben sind" - Anrainer fürchten verzögerte Einsätze. Die Polizei will beruhigen.)

Foto: mika

Innsbruck - Zuerst durch verwinkelte Gässchen in Hötting, dann über eine schmale, kurvige Straße den Berg hinauf; mit jedem Höhenmeter werden die umliegenden Häuser opulenter, ebenso verhält es sich mit der Aussicht auf die immer kleiner werdende Stadt im Tal - einige Polizisten haben bald einen anderen Dienstweg. Denn die Inspektion im hoch gelegenen Innsbrucker Stadtteil Hungerburg ist eine jener österreichweit 122 Dienststellen, die demnächst aufgelöst werden sollen. Die Streifen wird die nächstgelegene Inspektion übernehmen.

Skepsis bis Unverständnis

Oben angekommen, trifft man auf größtenteils skeptische Anrainer. Es ist weniger Angst als Unverständnis, das geäußert wird. Die Worte der Innenministerin, dass durch die Stellenschließungen "kein Cent" gespart werde, haben auch im schwarzen Tirol noch nicht jeden erreicht. "Es geht doch immer um die Kosten. Ich fürchte mich nicht, aber es ist schon sehr ungut, dass das Wachzimmer schließt", sagt eine junge Großmutter, die gerade ihre Enkel vom Kindergarten holt.

Vorrangig ist die Befürchtung, dass es vermehrt zu Dämmerungseinbrüchen kommen könnte. "Bei uns wird viel gebaut, vor allem im hochpreisigen Sektor. Diebe können sich im Wald gut verstecken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polizei von unten im Notfall in dreißig Minuten da ist", sagt die im Stadtteil lebende Pensionistin Anna Berger. "Bis die da mal oben sind" - dieses Argument hört man auf der Straße hier öfter.

Vier Beamte

Die Wachstube ist an diesem Tag geschlossen. Durch die Spalte in den runtergelassenen Jalousien erspäht man ein kleines Bürokämmerchen. Die Dienststelle Hungerburg ist (noch) die mit Abstand kleinste Innsbrucks und weder nachts noch jeden Tag besetzt. Ende Juni soll sie zum letzten Mal aufsperren.

Die vier dort derzeit arbeitenden Beamten werden dann in der Stadt eingesetzt - wo genau, ist noch nicht geklärt. Drei von ihnen sind Alpinpolizisten - also auf Suchaktionen, Unfälle und andere Arbeit im Gelände spezialisiert. Neben der Wachstube befindet sich die Station der Nordkettenbahn, die ins Skigebiet führt.

Die Planstellen würden dann jedenfalls in der angekündigten neuen Inspektion am Bahnhof aufgehen - nicht nur in Wien soll auch ausgebaut werden. "Und was haben wir davon, bitte?", fragt ein ortsansässiger Gastronom. Er halte von zu viel Polizeipräsenz zwar grundsätzlich nichts, "aber gerade am Berg wär's doch wichtig."

Die Jugend im Wachzimmer

Der Innsbrucker Stadtpolizeikommandant will beruhigen: "Ich kann der Bevölkerung versichern, dass sowohl die sicherheits- wie auch verkehrspolizeiliche Abdeckung gegeben sein wird", sagt Martin Kirchler. Zumindest beim Wirt und dem ersten Bier ist der Ton dann auch schon entspannter: "Das Schlimmste bei uns oben sind Parkschäden, auf polizeiliche Schnelligkeit kommt es da weniger an", erklärt ein junger Mann. "Wirklich jammern können die in den Tälern und am Land, wenn ihnen die Dienststellen zusperren."

Die Stadt Innsbruck überdenkt indessen schon eine neue Verwendung für die alte Wachstube: Es werde eine "sinnvolle Nachnutzung" für die Jugend geprüft. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 31.1.2014)