Der Meeresschwamm Theonella swinhoei beherbergt die Bakteriengattung Tectomicrobia, die als Ausgangsstoff für neue Medikamente - etwa gegen Krebs oder Infektionen - dienen könnte.

Foto: Junichi Tanaka/University of the Ryukyus/Nature Reviews Microbiology

Würzburg - Viele Medikamente, die etwa gegen Krebs oder Infektionskrankheiten verwendet werden, enthalten Stoffe aus Bakterien und anderen Kleinstlebewesen. Bei der Suche nach neuen Arzneistoffen aus der Natur spielen Meeresschwämme eine wichtige Rolle. Das liegt daran, dass sie außerordentlich vielfältige und ungewöhnliche Naturstoffe enthalten.

Untermieter im Schwamm

Neues auf diesem Gebiet hat eine internationale Zusammenarbeit ergeben, die von Professor Jörn Piel von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich koordiniert wurde. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, woher die vielen interessanten Stoffe kommen, die in dem Schwamm Theonella swinhoei stecken: Sie stammen aus der Produktion der Bakteriengattung Entotheonella, die als Untermieter in dem Schwamm lebt.

Weil das neu entdeckte Bakterium so ungewöhnlich ist, konnten es die Forscher in der gängigen Systematik keiner bekannten Gruppe zuordnen. Sie schlagen darum einen neuen Stamm (Phylum) vor, den sie Tectomicrobia nennen. Der Name "Tectomicrobia" leitet sich vom lateinischen Wort "tegere" ab, das "verstecken, schützen" bedeutet. Dieser Begriff wurde gewählt, weil die Bakterien im Labor bisher nicht kultivierbar und somit vor der Wissenschaft "gut versteck" sind. Außerdem schützen sie vermutlich die Wirtsschwämme mit ihren vielen Inhaltsstoffen vor Fischen und anderen Fraßfeinden.

Das Würzburger Team hat auch Studien zur Verbreitung des neuen Stamms durchgeführt. "Die Tectobakterien kommen in vielen anderen Schwämmen vor, aber auch im Meerwasser", sagt Hentschel-Humeida. Das weise auf ihre ökologische Relevanz hin. Als nächstes wollen sich die Forschungsteams unter anderem der Frage widmen, welche Funktionen die Tectobakterien in der Symbiose mit ihrem Wirtschwamm, aber auch im Ökosystem Korallenriff ausüben. Zudem soll das chemische Arsenal der Bakterien für die Forschung und für mögliche biotechnologische  Anwendungen verfügbar gemacht werden. (red, derStandard.at, 30.1.2014)