Saftige Gräser, bunte Blumen - "dem Tode geweiht", wie Botaniker Georg Grabherr warnt. 

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Innsbruck - Auf einer Leinwand flimmert das gefährdete Grün: saftige Gräser und bunte Blumen im Wienerwald. "Dem Tode geweiht", erklärt der vielfach ausgezeichnete Ökologe und Botaniker Georg Grabherr knapp. Unter seiner Federführung haben sich zahlreiche Natur- und Tierschutzorganisationen zusammengeschlossen und ein gemeinsames Anliegen formuliert: die Rettung der Almen und Blumenwiesen.

Denn die würden von der heimischen Politik wie auch vonseiten der Europäischen Union mehr als stiefmütterlich behandelt, gefördert werde hauptsächlich die intensive Bewirtschaftung. Nachdem auch noch Pläne des Landwirtschaftsministeriums bekannt wurden, nach denen die Agrarförderung der extensiv genutzten - also nur ein- bis zweimal pro Jahr gemähten - Blumenwiesen dramatisch gekürzt werden sollte, haben sie eine Petition gestartet.

Das war im Dezember. Inzwischen haben über 21.000 Menschen unterschrieben. Am Freitag treffen sich in Innsbruck erstmals seit fast zwanzig Jahren die Naturschutzlandesräte aller Bundesländer, und das Gesuch wird vom Naturschutzbund übergeben.

Doppelte Alm-Bedrohung

Bedroht seien die Almen aus zwei Gründen, glaubt Grabherr: Erstens gebe es aufgrund von Überzüchtungen kaum noch "alpentaugliches" Vieh. "Heute wird Kraftfutter sogar auf die Almen gefahren und die meisten Tiere sehen keine Wiesen mehr." Das habe zur Folge, dass die Kühe dreimal mehr Milch geben als noch vor dreißig Jahren und die Almen zuwachsen. Zweitens seien im AMA-Förderkatalog grüne Almen nichts wert, weshalb Bauern ihre Flächen "anpassen, häckseln und einsäen" müssten, um den Kriterien zu entsprechen. "Dadurch wird die natürliche Zusammensetzung der Wiese zerstört."

Diese Grünflächen seien aber nicht nur hübsch anzuschauen und damit Tourismusmagnet. "Wildbienen, Wespen, Hummeln, Vögel - auf Almen und Blumenwiesen finden interaktive Prozesse zwischen Pflanzen und Tieren statt. Das Evolutionspotenzial ist enorm", sagt Roman Türk, Präsident des Naturschutzbundes. Er hält es für einen gesellschaftlichen Auftrag, für die Förderung dieser Wiesen einzutreten.

Bundeskanzler in der Pflicht

Bei der Naturschutzkonferenz am Freitag stehen die Almen dennoch nicht auf der Tagesordnung. Vorrangig wollen die Landesräte dort gemeinsam mit Minister Andrä Rupprechter einen Fahrplan für die säumigen Nominierungen von Natura-2000-Gebieten beschließen. Mit der Petition hoffen die Verbände dennoch, endlich "alle bis zum Bundeskanzler" in die Pflicht nehmen zu können.

Eine gute Nachricht hat Grabherr schon jetzt: Einige Orchideen auf der gezeigten Wiese, die bald zur Obstplantage werden soll, konnte er retten. Sie stehen jetzt im Botanischen Garten in Wien. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 30.1.2014)