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Hier könnte bald Ihre Polizeidienststelle gewesen sein. Bürgermeister in der Steiermark, Oberösterreich und Kärnten empören sich über Mikl-Leitners Vorgehen. 

Foto: APA/Hochmuth

Graz/Linz/Klagenfurt - Ein Großteil der Polizeischließungen, die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angekündigt hat, betrifft die Steiermark, Kärnten und Oberösterreich. Für Michael Wallmann, SPÖ-Bürgermeister der Gemeinde Gußwerk im steirischen Bezirk Bruck-Mürzzuschlag, war schon das letzte Jahr "alles andere als erfreulich". Dass seine Gemeinde mit Mariazell, St. Sebastian, und Halltal fusioniert wird, "konnte ich den Leuten gerade noch erklären, weil das macht bei uns im Mariazeller Land Sinn".

Auch die Schließung der örtlichen Volksschule, die nur mehr zwölf Kinder besuchen, konnte die Bevölkerung irgendwie akzeptieren. "Aber das jetzt hat schon wehgetan", betont Wallmann im STANDARD-Gespräch, "wenn man aus den Medien erfährt, dass unser Posten mit sechs Leuten geschlossen wird, da glaubt einem die eigene Bevölkerung nicht, dass man absolut nichts gewusst hat." Der Ortschef der Gemeinde mit knapp 1300 Einwohnern findet, dass man "da mit dem Sicherheitsgefühl der Menschen spielt, und das ist heikler als eine geschlossene Volksschule".

Im Land der "Oberreformer"

Wallmann habe Innenministerin Johanna Mikl-Leitner auch angeboten, "den Posten auf Gemeindekosten in frei werdenden Räumen am Gemeindeamt zu übernehmen". Doch seitens des Ministeriums gab es keine Reaktion. Die Fläche, die nun künftig von einer Inspektion in Mariazell von elf eingesessenen Beamten plus den sechs aus Gußwerk betreut wird, sei "größer als Wien", so Wallmann.

Insgesamt werden in Österreich, wie berichtet, mindestens 122 Polizeidienststellen geschlossen. Die Wiener Liste soll erst Ende Februar fertig sein. Obwohl in der Steiermark die meisten Posten, nämlich 23, fällig sind, verhalten sich SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves und sein Vize Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ruhig und zeigen Verständnis für die Schließungen. Wallmann kritisiert das: "Seitens des Landes werden wir hier völlig alleingelassen. Aber natürlich können unsere Oberreformer jetzt keine Reformen kritisieren. Das tät ja komisch ausschauen."

21 Polizeiinspektionen sollen auch in Oberösterreich eingespart werden. Es trifft vor allem kleinere Gemeinden wie Hallstatt. Dabei wurde erst kürzlich die Polizeidienststelle "tipptopp" renoviert, "behindertengerecht und mit Sicherheitsschleuse", erklärt Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ). Aber dem noch nicht genug: "Jetzt kommen wir zu Bad Goisern - dort muss man aber einen neuen Posten bauen, weil man die Kapazität nicht hat.

"Danke, Frau Minister!"

"Tolle Einsparmaßnahmen, danke, Frau Minister", schüttelt der Ortschef nur den Kopf. Auch hier der Vorwurf: Da habe die Politik entschieden, ohne jemals mit den Betroffenen vor Ort geredet zu haben. Schon bisher hatte man eine Inspektion gemeinsam mit Obertauern - mit "1600 Einwohnern, 250.000 Nächtigungen im Jahr, 100.000 Tagesgästen und Weltkulturerbe", zählt Scheutz auf.

In Aigen im Mühlkreis hingegen hat Bürgermeister Herbert Kern (ÖVP) es schon geahnt. Bereits 2003 sollte die Dienststelle aufgelassen werden. Schon als im Herbst 2013 einer der sechs Polizisten sich in seine Heimatgemeinde hat versetzen lassen, sei dessen Posten nicht nachbesetzt worden. Als aber diesen Dienstag die Mitteilung vom endgültigen Aus kam, "bin ich natürlich enttäuscht gewesen", sagt Kern.

Gerade mal eine Stunde bevor die Schließungen in den Medien bekanntgegeben wurden, sei er vom Polizeikommando benachrichtigt worden. Erst heute, Donnerstag, werde Landespolizeidirektor Andreas Pilsl ihm das neue Sicherheitskonzept vorstellen. Dem Vernehmen nach könnten aber zwei Dienstposten in Aigen bleiben. Weil die derzeitige Polizeiinspektion bereits im Gemeindeamt untergebracht ist - also ein ähnliches Setting, wie es der rote Kollege Kerns im steirischen Gußwerk auch - vergeblich - vorgeschlagen hatte.

VP: "Info fließt seit Wochen" 

Anders als in der Steiermark gehen im ebenfalls rot regierten Kärnten die Wogen hoch: "Eine Schließung der Polizeiinspektion Hauptbahnhof ist nicht nachvollziehbar und daher entschieden abzulehnen", heißt es in einer Resolution des Klagenfurter Stadtsenats an die Bundesregierung, in der gefordert wird, aus "sicherheitspolitischen" Gründen von Mikl-Leitners Plänen Abstand zu nehmen. "Es handelt sich hier um einen wichtigen neuralgischen Punkt Klagenfurts", argumentieren die Stadtpolitiker von SPÖ, Grünen und FPÖ, nur die ÖVP schloss sich dem Protest nicht an, da es wenigstens zu einer Reduktion von geplanten 30 auf 22 Schließungen in Kärnten gekommen sei. Auch in Klagenfurt wird der Vorwurf erhoben, dass der Posten neben dem ÖBB-Bahnhof und Busbahnhof völlig ohne Vorwarnung geschlossen wird.

Der Kärntner ÖVP-Chef Gabriel Obernosterer sieht das anders. "Von einem Überfall kann keine Rede sein. Die Informationen zu dieser Reform fließen seit Wochen", richtet er per Aussendung aus. Zudem gefährde man durch das Zusammenziehen von Dienststellen, von denen manche nicht sehr stark frequentiert seien, die Sicherheit der Menschen nicht.

Auch die Landespolizeidirektorin von Kärnten, Michaela Kohlweiß, sieht das so und steht voll zu den Reformplänen des Ministeriums, wie sie dem ORF Kärnten sagte. Sie glaubt im Gegenteil an Verbesserungen, weil "Täter mobiler" würden, müsste auch die Polizei mehr auf den Straßen sein. (Markus Rohrhofer, Kerstin Scheller, Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 30.1.2014)