Tunis - Einen Tag nach Unterzeichnung der neuen Verfassung Tunesiens hat das Land einen weiteren Schritt zur Beilegung der politischen Krise unternommen: das Parlament sprach in der Nacht zu Mittwoch der Regierung des designierten Ministerpräsidenten Mahdi Jomaa das Vertrauen aus.

Nach einer Marathonsitzung, die live im Fernsehen übertragen wurde, stimmten 149 Abgeordnete für das aus Experten gebildete Kabinett, 20 dagegen und 24 enthielten sich. Die neue Regierung wird die derzeitige, von der islamistischen Ennahda-Partei geführte Regierung unter Ali Larayedh ersetzen.

Sein Nachfolger Jomaa hatte erst am Sonntag nach mehreren gescheiterten Anläufen und harten Verhandlungen eine neue Kabinettsliste vorgelegt. Diese stieß am Dienstag erneut auf Widerstand: zahlreiche Parlamentarier kritisierten in der mehr als zwölfstündigen Debatte, dass mehrere Ministerkandidaten wichtige Ämter unter dem vor drei Jahren gestürzten Machthaber Zine El Abidine Ben Ali innegehabt hätten. Im Kreuzfeuer der Kritik stand vor allem der designierte Justizminister Hafedh Ben Sala.

Neue Verfassung

Am Montag hatte die Führung des Landes die neue Verfassung unterzeichnet, die als wegweisend für die arabische Welt gilt. Sie verzichtet darauf, den Islam als Quelle der Gesetzgebung zu nennen, garantiert die Glaubens-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit und schreibt die Gleichheit der Geschlechter fest. Nun soll auch rasch ein neues Wahlgesetz beschlossen werden. Die Übergangsregierung soll Neuwahlen vorbereiten. Larayedh hatte am Montag angekündigt, die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sollten im Oktober stattfinden. (APA, 29.1.2014)