Student Cengiz Kulaç (25) ist Chef der Jungen Grünen.

Foto: Privat

"Ich habe in einer Woche Prüfungen und würd' endlich gerne lernen", seufzt Cengiz Kulaç am Dienstag im Wissen, dass er noch einige Telefonate mit Journalisten führen wird. Wegen der Demo und der innerparteilichen Unstimmigkeiten zwischen Jung und Alt. "Ja, natürlich lehne ich Gewalt ab!", stellt Kulaç klar.

Mehr als zehn Jahre Politikerfahrung

Aber Unstimmigkeiten hält Kulaç, der mit 25 Jahren schon auf mehr als zehn Jahre Politikerfahrung zurückblicken kann, relativ gut aus. Der Grazer war schon Schulsprecher, "unabhängig mit freundschaftlichen Verbindungen in die ÖVP-nahe Schülerunion", bevor er 2006 bei den Jungen Grünen andockte. Von 2009 bis 2011 - während der Zeit der Hörsaalbesetzungen - war der Jus- und Soziologiestudent Grazer ÖH-Vorsitzender für die GRAS, 2011 und 2012 studierte er in New York.

"Es war so schön dort, eine multikulturelle Normalität, in der dich nicht jeder Zweite fragt, wo denn dein Name herkommt", schwärmt Kulaç. Nach einer Zeit, in der Kulaç in Österreich auf der Neonazi-Site Alpen-Donau.Info jahrelang rassistisch beschimpft und - samt Foto und Adresse - mit Gewalt bedroht wurde, war das eine Wohltat. Einziger Trost: Die Rechten hatten es nicht geschafft, die richtige Adresse des in Sachen Antifaschismus und Menschenrechten engagierten Studenten richtig zu recherchieren.

Und der Name? Kulaçs Vater, promovierter Physiker und seit kurzem - quasi im zweiten Bildungsweg - Arzt, stammt aus der Türkei. Seine Mutter, eine Lehrerin, ist Österreicherin. Die beiden lernten einander während des Studiums in Graz kennen.

"Bin ein Bildungsbürgerkind"

"Ich bin ein Bildungsbürgerkind, ich gebe es zu", lacht Kulaç, der schon mehrmals als lauter parteiinterner Kritiker auffiel, "bei uns zu Hause war Diskutieren, Nachdenken und Lesen wichtig, Bildung ist nicht nur ein Mittel, um Karriere zu machen". Auf eigene Karrierepläne legt sich Kulaç, der in der Freizeit gerne auf Berge steigt, nicht fest: "Es könnte Politik sein, aber ich kann mir auch eine Arbeit im soziologisch-wissenschaftlichen Bereich oder als Rechtsanwalt für Menschenrechts- und Asylfragen vorstellen".

Auch wenn er sich nach der Anti-WKR-Demo in die Nähe Linksextremer gerückt wiederfindet, war Kulaç schon an der ÖH eher als talentierter Vernetzer bekannt. "Ich habe Freunde bei der SPÖ, der KPÖ, den Neos und einen guten Freund im Vorstand der Jungen Liberalen, sogar zarte Bande in die ÖVP", zählt Kulaç auf, "nur FPÖ geht gar nicht." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 29.1.2014)