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Seattle-Coach Pete Carroll hat seine eigene Methodik.

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Bis vor wenigen Tagen hat es im Metlife Stadium in New Jersey, dem Austragungsort des Super Bowls, noch so ausgesehen.

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Köln/New York - Auf den ersten Blick sieht Pete Carroll nicht wie ein Revoluzzer aus. Mit seinen weißen Haaren und dem Zahnpastalächeln wirkt er wie ein gealterter Surfer. Wenn der 62 Jahre alte Trainer mit seinen Seattle Seahawks am kommenden Sonntag auf die Denver Broncos trifft, kann Carroll nicht nur Vereinsgeschichte schreiben, er könnte durch einem Sieg im 48. Super Bowl auch mit traditionellen Strukturen der NFL brechen.

Denn in Renton vor den Toren Seattles gehen die Uhren etwas anders. Als Carroll 2010 dort den Posten als Cheftrainer übernahm, verpasste er den Seahawks eine Generalüberholung. Im Fokus standen keine kurzfristigen Erfolge - sondern die Spieler. "Ich wollte herausfinden, was passiert, wenn wir uns richtig um die Jungs kümmern. Um jeden einzelnen", sagte er dem Sender ESPN.

Die Ruhe liegt im Geiste

Während der Rest der Liga weiter auf Kraft, Härte und Einschüchterung setzt, gehen die Seahawks andere Wege. Alle 91 Spieler des Kaders nehmen am wöchentlichen Yoga-Unterricht teil. Vor drei Jahren installierte Carroll den Meditationslehrer Mike Gervais. "Beruhigt euren Geist. Visualisiert den Erfolg", sagt Gervais den Profis, die jede Woche in seine Sitzungen kommen.

"Wir arbeiten mit meinem Vorstellungsvermögen. Wir reden darüber, im Moment zu leben. Wenn ich dann ins Spiel gehe, ist alles total entspannt", sagt Quarterback Russell Wilson, der seine starke Saison mit dem Sieg im Generationen-Duell gegen Denvers Star-Spielmacher Peyton Manning (37) krönen will.

Kritiker tönen, das New-Age-Gehabe in Seattle würde die Spieler im harten Tagesgeschäft der NFL nur verweichlichen. Tatsächlich aber setzt Carroll auf eine simple Formel: Glückliche Spieler sind bessere Spieler. Dafür wurde extra eine Coaching-Abteilung eingerichtet, die sich um das körperliche Wohl und einen gesunden Geist der Spieler kümmert.

Nun schlug Carroll, der als Teenager in San Francisco die Hippie-Bewegung vor der Haustür hatte, der NFL auch noch vor, zur Schmerzbehandlung medizinisches Marihuana einzusetzen. "Ich finde, wir sollten forschen und Wege finden, die unser Spiel verbessern und den Spielern helfen", sagte der Trainer.

Dass Seattle auf dem richtigen Weg ist, dokumentieren die Zahlen. Nach elf Saisonsiegen endete die Spielzeit 2012 in der zweiten Play-off-Runde gegen die Atlanta Falcons. 2013 schloss man mit 13 Siegen als Gruppenerster der NFC West ab. Nach 2006 haben die Seahawks nun erneut die Chance auf die Vince Lombardi Trophy.

Dafür braucht es neben einem ausbalancierten Geist auch etwas Wahnsinn. Star-Running-Back Marshawn Lynch trägt den Spitznamen "Beast Mode" und hatte schon mehrfach Ärger mit der Polizei. Cornerback Richard Sherman bepöbelte nach dem Sieg gegen die San Francisco 49ers seinen Gegenspieler live im Fernsehen. (sid/red, 28.1.2014)