Der Grand Canyon ist keine 70 Millionen Jahre alt. Der Colorado River grub ihn in den letzten fünf Millionen Jahren.

Foto: Laura Crossey, UNM

Albuquerque - Es zählt zu den größten Naturwundern der Erde und wird jährlich von rund fünf Millionen Touristen besucht: Das Schluchtensystem des Grand Canyon im Südwesten der USA ist 450 Kilometer lang, zwischen sechs und 30 Kilometer breit und bis zu 1800 Meter tief. Doch wie und wann sind die eindrucksvollen Schluchten entstanden?

Bisher gingen Geologen davon aus, dass der Großteil des Grand Canyon bis zu 70 Millionen Jahre alt ist. Dieser Theorie zufolge grub sich ein nach Westen gerichteter Fluss ins Gestein. Viel später erst habe diese Schlucht dann das Bett des Colorado River gebildet.

Geologen um Karl Karlstrom von der University of New Mexico in Albuquerque präsentieren nun allerdings eine ganz andere Geschichte von der Entstehung des Naturwunders. Für ihre neue Studie im Fachblatt "Nature Geoscience" untersuchten sie an vier Teilstücken des Grand Canyon, wann Erosion die Felsen freilegte. Aus der Zusammensetzung spezieller Gesteine ließ sich so die Geschichte der Schlucht rekonstruieren.

Wie die Forscher schreiben, würden die Daten die These widerlegen, dass bereits vor 55 Millionen Jahren ein durchgehender, 1500 Meter tiefer Paläocanyon den heutigen Lauf des Colorado River "vorgegraben" hätte. Zwar seien die mittleren Teilstücke vor 70 bis 50 Millionen Jahren bis auf die Hälfte der heutigen Tiefe ausgeschwemmt worden. Der Eastern Grand Canyon entstand aber erst vor 25 bis 15 Millionen Jahren.

Doch erst vor fünf bis sechs Millionen Jahre habe der Colorado River die äußeren Teile im Osten und Westen - den Marble Canyon und den Westernmost Grand Canyon - durchschnitten und die mittleren Segmente miteinander verbunden. Erst während der letzten vier Millionen Jahre sei der Grand Canyon dann um 100 bis 200 Meter pro Million Jahre vertieft worden. (tasch, DER STANDARD, 28.1.2014)