Hubert ­Seipel im Gespräch mit Edward Snowden. >>> Dossier zu Snowden in der ARD-Mediathek.

Foto: NDR/KNUT SODEMANN'

Für den Scoop des ersten TV-Interviews mit US-Staatsfeind Nr. 1, Edward Snowden, wählte die ARD eine merkwürdige Dramaturgie. Denn bevor das Interview ausgestrahlt wurde - um 23 Uhr überdies zu reichlich später Stunde -, machte man sich bei Jauch im Talk schon auf zur Reflexion.

Das hat etwas von der paradoxen Logik in Lewis Carrolls Alice im Wunderland. Wird uns Prohaska demnächst Tore schon vor dem Spiel erklären? Werden Superstars von ihrem Dasein berichten, bevor wir an der Casting-Ausscheidung teilhaben dürfen? Vielleicht dachte man sich ja, dies passe zu einer Welt, in der Daten schon vor möglichen Straftaten gesammelt werden.

Im Gespräch mit Hubert ­Seipel zeigte sich der Whistleblower schließlich darum bemüht, seine Enthüllungen als legitim erscheinen zu lassen: Er habe immer im Auftrag der Öffentlichkeit gehandelt. Aussagen darüber, wie eng die Geheimdienste kollaborieren, blieben unkonkret. Wiederholt sagte Snowden, dass Informationen erst durch einen Journalisten veröffentlicht werden müssten, bevor er Stellung beziehe. Ein interessanter ethischer Schritt, wenn er sich denn nur dem Bewusstsein verdankt, wie sensibel Öffentlichkeiten sind.

Beachtenswert ist bei TV-Interviews auch der Subtext: Was gab die Körpersprache preis? Snowden wirkte beherrscht, kämpferisch, bei persönlichen Fragen ganz leicht enerviert. Die Antwort darauf, was den Anstoß für sein Tun gegeben habe, blieb faktenorientiert - Lügen des Geheimdienstberaters James Clapper vor dem US-Kongress. Seinen Mut erklärt dies aber nicht. Edward Snowden ist die Grinsekatze in dem Spähszenario: ein Wissender, der nicht zu fassen ist. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 28.1.2014)