Tunis - Nach der gescheiterten Regierungsbildung in Tunesien hat Staatschef Moncef Marzouki den designierten Ministerpräsidenten Mehdi Jomaa am Sonntag erneut mit der Bildung eines Expertenkabinetts beauftragt. Der Präsident habe ihm erneut sein Vertrauen geschenkt und ihn mit Regierungsbildung betraut, sagte der parteilose bisherige Industrieminister Jomaa im tunesischen Fernsehen.

Laut Präsidentenamt wollte Jomaa noch am Abend sein Kabinett vorstellen. In der Nacht zum Sonntag hatte Jomaa die Regierungsbildung zunächst für gescheitert erklärt und mitgeteilt, es sei kein Konsens über die Zusammensetzung des Kabinetts erreicht worden. Die Regierungsbildung scheiterte Medienberichten zufolge an der Person des künftigen Innenministers sowie am Streit über die Handhabung von Misstrauensvoten des Parlaments gegen die Regierung.

Jomaa war nach zähen Verhandlungen zwischen der islamistischen Ennahda-Partei und der Opposition als Kompromisskandidat auserkoren worden. Er soll auch Vorbereitungen für eine vorgezogene Parlamentswahl treffen.

Bisheriger Premier zurückgetreten

Der bisherige Regierungschef Ali Larayedh war vor wenigen Tagen unter dem Druck der Opposition zurückgetreten. Er wollte die Macht ursprünglich erst nach der Verabschiedung der Verfassung, dem Beschluss eines Wahlgesetzes und der Bildung einer Wahlkommission abgeben.

Die Verfassung sollte ursprünglich zum dritten Jahrestag des Sturzes von Machthaber Zine El Abidine Ben Ali am 14. Jänner verabschiedet werden und die Übergangsphase beenden. Nach Verzögerungen konnte die Nationalversammlung ihre Arbeit an der neuen Verfassung schlussendlich am Donnerstag abschließen. Am Montag soll diese im Zuge einer Zeremonie unterzeichnet werden. Österreich wird bei den Feierlichkeiten von Bundesratspräsident Michael Lampel (SPÖ) vertreten.

Tunesien steckt spätestens seit der Ermordung des linken Oppositionellen Mohammed Brahmi im Juli 2013 in der Krise. Die Tat wurde zwar militanten Salafisten angelastet, doch die Opposition macht die bisher regierende Ennahda-Partei mitverantwortlich. (APA, 26.1.2014)