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Tot - aber wenigstens nur als Individuum und nicht stellvertretend für eine ganze Spezies.

Foto: APA/NHM

Wien - Es passiert leider selten genug, dass eine Tierart von der Roten Liste genommen werden kann, weil sich ihre Bestände wieder erholt haben. Noch seltener allerdings ist der Fall, dass eine Spezies von der Liste rutscht, weil sie in Wirklichkeit nie existiert hat. Geschehen nun im Fall der vermeintlichen Schildkrötenart "Pelusios seychellensis".

Historischer Hintergrund

Anfang des 20. Jahrhunderts hatte der Zoologe Friedrich Siebenrock eine Klappbrust-Pelomedusenschildkröte als eine neue Unterart beschrieben. Das Exemplar war über Tausch an das k. k. Naturhistorische Hofmuseum gekommen und sollte den Herkunftsangaben zufolge von der Seychellen-Insel Mahe stammen. Es befindet sich nach wie vor in der Herpetologischen Sammlung des NHM.

1983 revidierte ein französischer Wissenschafter Siebenrocks vorsichtige Einordnung und stufte die Schildkröte zu einer eigenen Art hoch. "Pelusios seychellensis" sollte die dritte Süßwasser-Schildkröten-Art auf der Insel im Indischen Ozean sein. "Daraufhin begann auf Mahe die vergebliche Suche nach der Art, die schließlich als 'ausgestorben' auf den Roten Listen landete", sagt Richard Gemel, der kürzlich pensionierte Sammlungsmanager der Herpetologischen Sammlung im NHM, der auf der aktuellen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie in Wien vertreten ist.

Aufklärung mittels genetischer Analysen

Als dann 2011 Wissenschafter des Senckenberg-Museum in Dresden alle Pelusios-Arten mithilfe genetischer Studien untersuchten, wollte Gemel auch Klarheit über "Pelusios seychellensis" haben. Die genetischen Daten zeigten eindeutig, dass es sich nicht um eine eigene Art, sondern wie schon vor 100 Jahren vermutet um die in ganz Westafrika verbreitete Art Pelusios castaneus handelt. Gemel, der seine Arbeit im Vorjahr im Fachjournal "Plos One" veröffentlicht hat, geht davon aus, dass das Herkunftsetikett des Schildkrötenexemplars vertauscht wurde, ehe dieses zum NHM kam.

Mag das Ganze auch nach einer zoologischen Anekdote klingen, so hat es doch Relevanz für den Artenschutz. Denn der ist auf korrekte Daten angewiesen - inklusive des grundlegenden Wissens, welche Spezies genau in einem Ökosystem vorkommen und ob sie dort endemisch sind oder ob es sie auch anderswo gibt. Nur auf Basis dieses Wissens können Naturschutzorganisationen ihre Maßnahmen gestalten. (red/APA, derStandard.at, 24. 1. 2014)