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Die Autos in Graz sollen bald weniger fahren und mehr parken.

Foto: APA/Jan Woitas

Graz - Der politische Mut sei ja vorhanden gewesen, er habe das Thema auch zur Abstimmung gebracht, aber die Grazer Bevölkerung habe die Einführung einer Umweltzone, die die Luftsituation in Graz wesentlich gebessert hätte, abgelehnt.

"Ich war auch sehr traurig darüber, dass die Wirtschaft nicht eine Chance darin erkannt hat, sondern als Schreckensszenario an die Wand gemalt hat. Die deutschen Städte zeigen heute sehr klar, dass sie mit Umweltzonen die Nase vorn haben", sagt der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl im Gespräch mit dem Standard.

Die Stadt habe sich jetzt etwas anderes überlegen müssen, da die Stadt für radikale Umweltmaßnahmen wie Umweltzonen das Land brauche. Dort sei aber politisch nichts durchsetzbar. Nagl: "FPÖ-Umweltlandesrat Gerhard Kurzmann schläft, und SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves signalisiert kein Interesse an der Umweltsituation in Graz." Da es über Zwangsmaßnahmen nicht funktioniere, will Graz jetzt eine Anleihe aus der Vergangenheit nehmen und die Bevölkerung zu einem autofreien Tag in der Woche animieren.

In der Ölkrise in den 1970er-Jahren war in Österreich ein autofreier Tag verordnet worden. Die berühmten schwarz-weißen Pickerln auf der Windschutzscheibe zeigten an, wann das betreffende Auto in der Garage bleiben musste.

Pickerl zeigt Verzichtstag

Für Graz schlägt Nagl jetzt die Einführung eines "Feinstaub-Pickerls" vor, das wie damals auf die Windschutzscheibe geklebt wird. Mit dem Aufkleber sollen Autofahrer signalisieren, an welchem Wochentag sie freiwillig auf ihr Vehikel verzichten. Als Gegenleistung erhalten sie ein günstiges Öffi-Ticket. Das Angebot gilt für die Bewohner in Graz und den Umlandgemeinden. Immerhin sind eine Hälfte der in Graz Beschäftigten Einpendler. Rathausintern erwartet man sich rund 10.000 Umsteiger und drei bis fünf Prozent weniger an Feinstaub.

Das gemeinsam mit der Graz Holding ausgearbeitete Angebot sieht konkret vor, dass man die Pickerln gegen Vorlage des Zulassungsscheins um 25 Euro erhält. Dafür darf man an dem gewählten und ausgeschilderten autofreien Wochentag von November bis März die Öffi-Linien in Graz und Graz-Umgebung nutzen.

Pro Auto können fünf der Langzeit-Tageskarten erworben werden. In der Kontrolle setze die Stadt, so Nagl, "ein bisschen auf die Ehre" und auf positive Anreize durch ein Gewinnspiel, bei dem die Besitzer der temporär korrekt außer Betrieb genommenen Pkws nach dem Zufallsprinzip gezogen werden. In einem weiteren Gewinnspiel unter allen "Feinstaub-Pickerl"-Besitzern werden E-Mobility-Geräte wie E-Bikes oder später E-Autos verlost.

Das "Feinstaub-Pickerl" wird ab Oktober 2014 erhältlich sein und ist vorerst von November 2014 bis März 2015 gültig. Der autofreie Tag muss noch vom Gemeinderat abgesegnet werden. Grüne und auch KPÖ bekundeten am Donnerstag aber bereits ihre Zustimmung. Aber nicht ohne kritischen Unterton: Es sei "höchste Zeit" gewesen und im Grunde die Idee von KPÖ und Grünen. "Dass Bürgermeister Nagl nun eine langjährige Forderung der KPÖ aufgreift und einen autofreien Tag befürwortet, ist zu begrüßen", sagte KPÖ-Stadträtin Elke Kahr.

Lisa Rücker, Grünen-Stadträtin, ergänzt: "Das öffentliche Eingeständnis, dass wir nur zu einer besseren Luft in Graz kommen, wenn wir die Autofahrten reduzieren, war längst überfällig und folgt einer jahrelangen Grünen-Position." Sie habe Experten für eine Analyse zum Thema eingeladen. (Walter Müller, DER STANDARD, 24.1.2014)