Bald in ganz Wien: Robert Joseph Bartl (li.), Horst Heiss. 

Foto: lalo jodlbauer

Wien - Das Volkstheater in den Bezirken hieß früher "Volkstheater in den Außenbezirken" und ging am 5. Jänner 1954 erstmals über die Bühne. Hilde Sochor feiert dieser Tage ihr 90. Wiegenfest. Von dieser großen Schauspielerin stammt die beste Charakterisierung des Bezirke-Theaters, gerichtet an die lieben Zuschauer: "Sie entgehen uns nicht!"

Die Premiere einer Volkstheater-in-den-Bezirken-Produktion findet üblicherweise im Theater Längenfeldgasse statt. So auch dieses Mal. Saal und Foyer erstrahlen im hellen Glanz des Meidlinger Barock (Abteilung Volkshochschule). Doris Weiner leitet das Theater in den Bezirken seit acht Jahren. Ihr Charisma gemahnt an die Durchsetzungskraft einer Schwester Oberin.

Sie sitzt hinter dem Kartentisch. Vor Beginn der Aufführung hält sie ein Einleitungsreferat. In der Pause verkauft sie Karten für Sommerfestspiele, natürlich zu ermäßigten Tarifen. Ist die Vorstellung zu Ende, geht sie dem Personal in der Garderobe gleich energisch zur Hand. Erlaubte es ihr die Zeit, Doris Weiner würde gewiss auch noch auf der Bühne die Hauptrolle spielen. Dieser Dame gebührt jeder denkbare Respekt. Nur so wurde auch Direktor Schottenbergs Geste verständlich, der seiner Bezirkszuständigen einen prächtigen Strauß Rosen überreichte. Man darf das Theater in den Bezirken ganz gewiss mit Doris Weiner verwechseln, obwohl diese doch gar nicht 60 Jahre alt geworden ist.

Nach Entsorgung der Rosen wurde auch wirklich noch ein Theaterstück gegeben. Elling von Axel Hellstenius ist die Dramatisierung eines Romanstoffs von Ingvar Ambjornsen. Ihm eignet eine menschlich stark berührende Komponente, was über seine Nichteignung als Theatervorlage einigermaßen hinwegtröstet.

Der knapp 40-jährige Elling (Robert Joseph Bartl) lebte bis vor kurzem in inniger Symbiose mit Mama. Das Ableben der Dame gebot seine Übersiedlung in die Psychiatrie, da Elling an Angstzuständen leidet. Der Hagestolz im Dreiteiler wird schließlich gemeinsam mit Kollegen Kjell Bjarne (Horst Heiss) in eine kommode Form des betreuten Wohnens entlassen.

Regisseurin Katrin Hiller hat die Schmonzette ohne große Umstände vom Blatt inszeniert. Bartl punktet wiederholt mit feinen Schattierungen eines auf Genauigkeit erpichten Egozentrikers. Und weil das Stück so gar nichts hergibt, findet der Sozialbetreuer (Anselm Lipgens) Zeit für ein hinreißendes Solotänzchen. Ein Hauch von Broadway in Meidling. Freundlicher Applaus der Stammkundschaft. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 24.1.2014)