In Großbritannien war zwischen 2004 und 2010 die Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt (30 Tage) um 37 Prozent höher als in Schweden. Nach schlechtem Abschneiden Großbritanniens bei der Krebsmortalität bedeutet das einen weiteren Hinweis, dass das staatliche britische Gesundheitswesen (NHS) offenbar nur mangelhafte Qualität bietet. Dies zeigt eine aktuelle Studie, die im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlicht wurde.

"Unsere Resultate beunruhigen. Die Verbreitung neuer Technologien und effektiver Therapien aus internationalen Empfehlungen verlief etwa in Schweden viel schneller", sagt Harry Hemingway vom Institut für Gesundheitsinformationsforschung. Dies hätte zu großen Unterschieden beim Management und bei den Resultaten für die Patienten geführt.

Ernüchterndes Ergebnis

Hemingway und seine Kollegen analysierten die Daten von 391.077 britischen Herzinfarktpatienten aus 242 Krankenhäusern und verglichen sie mit 119.786 Infarktpatienten von 86 schwedischen Krankenhäusern - jeweils aus den Jahren 2004 bis 2010. Die ernüchternden Ergebnisse: Die 30-Tage-Herzinfarktsterblichkeit war bei den britischen Patienten signifant höher als in Schweden (10,5 versus 7,6 Prozent).

Mittels Ballon-Dilatation (Aufdehnung der verengten Herzkranzgefäße mittels Katheter und Stent-Implantierung) wurden in dem Zeitraum in Großbritannien nur 22 Prozent der Infarktpatienten behandelt, in Schweden hingegen 59 Prozent. Die Akut-Kathetertherapie hat sich in großen wissenschaftlichen Studien als die beste Behandlung bei einem frischen Infarkt herausgestellt.

Selbst die längst als billige Generika vorliegenden Beta-Blocker bekamen britische Infarktpatienten bei ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus nur zu 78 Prozent (Schweden: 89 Prozent). Diese Medikamente reduzieren das Risiko für weitere Herz-Kreislauf-Zwischenfälle bei Infarktpatienten. Die Studie kommt weiters zum Schluss, dass man 11.236 britischen Patienten das Leben hätte retten können, wenn so wie in Schweden vorgegangen wäre.

Auch bei Krebs abgeschlagen

Solche negativen Ergebnisse für die Gesundheitsversorgung in Großbritannien sind kein Einzelfall. Erst im Dezember vergangenen Jahres hat eine europäische Vergleichsstudie für verschiedene Krebsarten ein sehr schlechtes Abschneiden Großbritanniens - bei Spitzenpositionen für Österreich - ergeben. Dickdarmkrebspatienten etwa haben in Europa zu 57 Prozent eine Überlebenszeit von mehr als fünf Jahren. In Großbritannien beträgt dieser Prozentsatz nur 51,3 Prozent, in Bulgarien gar nur 45,2 Prozent. Österreich ist mit 61,2 Prozent (Deutschland: 62,2 Prozent, Schweiz: 61,4 Prozent) mit an der Spitze.

Während Großbritannien immer wieder von Gesundheitsökonomen für seine Strategien gelobt wird, sind die Resultate für die Bevölkerung offenbar nicht besonders gut. In den OECD-Staaten betrug der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukte (BIP) im Jahr 2010 durchschnittlich 9,5 Prozent, in Großbritannien waren es - wie in Schweden - 9,6 Prozent. An der Spitze lagen die Niederlande mit zwölf Prozent, dann kamen Länder wie Frankreich und Deutschland (je 11,6 Prozent), die Schweiz und Kanada (je 11,4 Prozent), Dänemark (11,1 Prozent) und Österreich (elf Prozent). (APA, derStandard.at, 23.1.2014)