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Kronprinz Felipe bei einer Übung der EGF-Truppen in Logrono, La Rioja.

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Die Gründungskonferenz im niederländischen Norwijk.

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"Was ist der Hauptaufgabenbereich der EUROGENDFOR, was ihre Kompetenz in den Mitgliedsländern, was in Österreich und warum gibts zu ihren Einsätzen kaum Infos im Netz (abgesehen von unseriösen Seiten)?", will User T. Sempronius Gracchus wissen.

Zuerst die wichtigsten Fakten: Die EUROGENDFOR oder European Gendarmerie Force (EGF) ist kein Organ der EU und wird auch nicht von ihr finanziert. "EGF hat nicht die Macht, im Interesse der EU irgendwo zu intervenieren", sagt Giovanni Arcudi vom Genfer Hochschulinstitut für Internationale Studien.

Gegründet wurde die Gendarmerietruppe 2004 im niederländischen Noordwijk von Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und den Niederlanden. Der Initiative ging im Jahr 2000 ein UNO-Bericht voraus, der bemängelte, dass es von EU-Seite zu wenig Polizeipersonal für internationale Einsätze gebe. Als der Versuch, dies innerhalb der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU zu regeln, scheiterte, brachte Frankreichs damalige Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie die Idee aufs Tapet, eine eigenständige überstaatliche Gendarmerietruppe zu gründen. Das Interesse und die Beteiligung der EU-Staaten hielt sich jedoch in Grenzen.

Mandat notwendig

Vielen EU-Staaten war und ist es auch gar nicht möglich, sich der Truppe anzuschließen, weil sie keine Gendarmerie-Kräfte haben. Da die EGF unter militärisches Kommando gestellt werden kann, können sich Polizeiorganisationen mit ausschließlich ziviler Funktion nicht beteiligen. Ein Beitritt Deutschlands zur EGF ist zum Beispiel von vornherein ausgeschlossen, da die Trennung von Polizei und Militär in der Verfassung festgeschrieben ist. In Österreich wurde die Gendarmerie 2005 abgeschafft. Mit dem Beitritt Rumäniens im Jahr 2008 und Polens im Jahr 2011 besteht die EGF mittlerweile aber insgesamt aus sieben EU-Mitgliedsstaaten.

Die wichtigste Funktion der EGF ist es, in destabilisierten Regionen der Welt dem Militär unterstützend zur Seite zu stehen. Für einen Einsatz braucht die EGF ein Mandat, das entweder von der EU, der UNO, der NATO, der OSZE oder von anderen Koalitionen kommen kann. "Die Truppe ist nicht für den Kampfeinsatz konzipiert, kann aber in Kriegsgebieten eingesetzt werden, was bei ziviler Polizei sehr oft nicht möglich ist", so Giovanni Arcudi. Entgegen vieler Annahmen ist die EGF keine Polizei-Armee. Ihr Sinn und Zweck ist es, in Konflikt- und Katastrophengebieten Gewalt so weit wie möglich einzudämmen. Bei der EGF selbst entscheidet das Hochrangige Interministerielle Komitee (CIMIN) über die genaue Organisation des Einsatzes. Insgesamt können 2300 Polizisten aus den Mitgliedsstaaten eingezogen werden.

Zuletzt in Haiti

Bisher sind drei Einsätze der EGF bekannt. Der erste führte sie nach Bosnien, der zweite nach Afghanistan (ISAF) und der dritte zuletzt 2010 nach Haiti. In Afghanistan unterstützte man die dortigen Polizeikräfte, in Haiti gingen es darum im Erdbebengebiet Unterkünfte bereitzustellen. Ein Einsatz im Kosovo scheiterte an innerspanischen Unstimmigkeiten. Auf EU-Boden gab es bisher noch keine Operation. "Die Organisation wurde nicht dafür designt das zu tun und hat auch keine Rechte, das zu tun.", sagt Arcudi. 

Dennoch geistern in diversen Internetforen immer wieder Gerüchte und Verschwörungstheorien von EU-Gegnern über EGF-Einsätze, etwa in Griechenland oder Großbritannien, herum. Arcudi hält dies für Humbug: "Wenn die EGF auf griechischem Boden agieren will, braucht sie die Zustimmung der griechischen Behörden oder eine UN-Resolution. Das kann nicht hinter den Kulissen stattfinden." Die EGF, sagt Arcudi, sei ein falsches und leichtes Ziel von EU-Gegnern, obwohl sie doch gar kein EU-Organ ist. 

Länderübergreifende Kooperation

Dass europäische Staaten von einzelnen Nachbarn polizeilich unterstützt werden, ist hingegen anerkannter Usus. In der Schweiz passierte dies etwa beim G8-Gipfel 2003 in Evian oder der Fußball-EM 2008. Deutsche und französische Polizisten traten damals unter dem Kommando der Schweizer Behörden auf. (Teresa Eder, derStandard.at, 5.2.2013)