Bild nicht mehr verfügbar.

Vier Polizisten wurden bereits suspendiert.

Foto: Reuters

Der chinesische Mörder, Vergewaltiger, Zuhälter und Sklavenhalter wirkte im Leben wie der sprichwörtliche nette Nachbar von nebenan. Der unauffällige junge Mann hatte einen so guten Leumund, dass er einst sogar von der Partei aufgenommen worden war. Dieses Detail ließ die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua aus, als sie am Dienstag seine Hinrichtung mit einer Giftinjektion in Luoyang in der zentralchinesischen Provinz Henan meldete. 

Als der 34-jährige Li Hao im September 2011 verhaftet wurde, nachdem ihm eines seiner sechs Opfer entfliehen konnte, entdeckte die Polizei erst sein unterirdisches Gefängnis. Der Mann, der für eine technische Inspektionsgesellschaft arbeitete, hatte unter einem Keller einen sechs Meter tiefen Schacht gegraben. Den Zugang verbarg er hinter Gerümpel. Der frühere Feuerwehrmann legte am Boden des Schachts einen vier Quadratmeter großen Kerker mit 2,34 Meter Höhe an.

Er zog einen Zwischenstock aus Brettern ein, auf denen die Frauen schlafen konnten. Ihr Gefängnis lag zu tief, niemand konnte ihre Schreie von außen hören. Ihr Peiniger brachte ihnen alle zwei Tage Essen und Trinken und räumte den Müll ab. Er hatte Strom gelegt, sorgte mit einem Rohr für Luftzufuhr. Er versperrte den Zugangsschacht durch sieben Türen und wurde so zum chinesischen Fall des Josef Fritzl. Das Martyrium seiner "Sexsklavinnen", wie sie Xinhua nennt, dauerte zwischen zwei und 21 Monate.

Gruselige Details über das Verlies

Li Hao hielt die sechs Frauen für Online-Pornografie und Zuhälterei gefangen und ließ zwei von ihnen ermorden. Die Xinhua-Meldung von seiner Hinrichtung und Dienstagabend bekannt werdende Details über das gruselige Verließ lösten einen Entrüstungssturm im Internet aus. Luoyangs Polizeipräsident hatte sich schon zuvor bei der Öffentlichkeit entschuldigt, dass seine Behörde den Kerker nicht früher entdeckt hatte. Xinhua meldete, dass vier Polizisten suspendiert wurden.

Die Idee zum Untergrundgefängnis, so gestand der Familienvater Li Hao, der, als er verhaftet wurde, einen acht Monate alten Sohn hatte, sei ihm im August 2009 gekommen. Er habe Bezahlpornos im Internet gesehen und beschlossen, sich auf diese Weise auch viel Geld zu verdienen. Noch im gleichen Jahr grub er in dem von ihm dafür gekauften Keller sein Verlies.

Keinem der Hausbewohner fiel etwas auf, obwohl er immer morgens die Erde in Plastiksäcken auf seinem Motorrad wegbrachte. Nach und nach lockte er sechs junge Frauen unter falschen Versprechungen zu sich. Die 16 bis 23 Jahre alten, meist als Gelegenheitsprostituierte arbeitenden Frauen sprach er in Karaoke-Bars, Massagestuben oder Friseurläden an. 

Zu Internetpornografie gezwungen

2009 gingen ihm zwei Frauen in die Falle, 2010 gabelte er eine weitere und 2011 dann noch drei Frauen auf. Er vergewaltigte sie, zwang sie als Zuhälter zu Sex mit Freiern, zu dem er sie nach außen schleppte. In Webcasts mussten die Frauen für pornografische Internetfilme posieren. Xinhua nennt es "bizarr", wie es Li gelang, die Frauen in einer von Terror und Furcht, Aggression und Hass geprägten Atmossphäre auch noch aufeinander zu hetzen.

Er stachelte drei Frauen auf, ihm zu helfen, zwei ihrer Leidensgenossinnen zu ermorden, die er loswerden wollte. Das Gericht verurteilte die drei Täterinnen, billigte ihnen aber mildernde Umstände unter dem unvorstellbaren Alptraum ihrer Lage zu. Die Hauptbeteiligte wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Die beiden anderen erhielten  Bewährungsstrafen.

Die furchtbare Rolle des Li Hao in seinem zweiten Leben fiel nicht einmal seiner acht Jahre jüngeren Frau auf. Sie wohnten in einem anderen Stadtteil als dem, in dem der gekaufte Keller lag. Er soll ihr erzählt haben, dass er sich Geld verdiente, indem er zusätzlich als Nachtwächter arbeitete und deshalb oft tagelang weg war. Nach seiner Verhaftung wurde er als Erstes aus der Partei ausgeschlossen, schrieb die Kantoner Tageszeitung.

Im November 2012 verurteilte ihn das Gericht in erster Instanz zum Tode. Das höhere Gericht und die dritte Instanz des Pekinger höchsten Volksgericht bestätigten das Urteil. Xinhua schrieb, dass er vor seiner Hinrichtung noch von engsten Verwandten Abschied nehmen durfte. (Johnny Erling aus Peking, derStandard.at, 22.2.2014)